Feindbild Bierhoff
Nach den geplatzten Vertragsverhandlungen wird klar, welchen Widerstand es gegen den DFB-Manager Oliver Bierhoff gibt – ob bei Netzer, Beckenbauer oder Kahn. Die AZ erklärt die Hintergründe.
MÜNCHEN Joachim Löw hat sich nun erstmal zurückgezogen. Aufregende, aufwühlende Tage liegen hinter dem Bundestrainer. Er stürzt sich in Arbeit, setzte für Montag einen Workshop mit seinen engsten Mitarbeitern im Trainerstab an. Zum Machtkampf im DFB und zur Frage der Vertragsverlängerungen möchte er sich vorerst nicht mehr äußern. Er weiß um den enormen Imageverlust des Verbandes – und bei sich selbst.
Es geht nun um Schadensbegrenzung. Und da wird Nationalelf-Manager Oliver Bierhoff aktiv. Nach der Auslosung der EM-Qualifikationsgruppen für die EM 2012 absolvierte er einen regelrechten Medien-Marathon – mit der überraschenden Tendenz, eine Annäherung zu versuchen. Er gestand Fehler ein.
„Natürlich würde man im Nachhinein versuchen, das ein oder andere anders zu präsentieren“, erklärte der Teammanager bei „Sky“. „Es wäre verkehrt zu sagen, man hat alles richtig gemacht.“
Rudert Bierhoff zurück? Es geht immerhin um seinen Job. Und noch mehr. Er hat schließlich persönliche Sponsoren, die (für viel Geld) vor der WM mit seinem Gesicht werben wollen. Da macht es sich gar nicht gut, wenn der Werbeträger plötzlich zum Feindbild im deutschen Fußball mutiert.
Bierhoff hat sich mit offenbar überzogenen Forderungen bei den Vertragsverhandlungen selbst in die Bredouille gebracht. Seit seinem Amtsantritt 2006 hat er nicht so viel Gegenwind gespürt.
Nun klingen die Vorwürfe gegen ihn (Günter Netzer: „Er wird maßlos überbewertet“), als hätte sich einiges aufgestaut bei den Bierhoff-Kritikern. Schon bei der WM 2006 war leiser Widerstand zu spüren. Da hieß es wiederholt, Bierhoff verfolge eher wirtschaftliche denn sportliche Interessen. Bierhoff eckte mit seiner teils vorlauten Art an. Zuletzt sagte er, er habe den Posten, den er besetzt, quasi selbst kreiert. Manchmal schadet zu viel Selbstsicherheit.
Auch in der Nationalelf gären Animositäten – nach dem EM-Finale 2008 legte sich Ballack noch auf dem Platz mit Kapitän Michael Ballack an.
Zudem leistete er sich gefährliche Scharmützel mit Granden des deutschen Fußballs wie Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge, der ihn einst als „Ich-AG vom Starnberger See“ titulierte, und Rudi Völler. Auch Franz Beckenbauer wetterte zuletzt gegen Bierhoff. Beckenbauer hat übrigens in Marcus Höfl denselben Berater an seiner Seite wie Matthias Sammer, der DFB-Sportdirektor und vermeintliche Bierhoff-Gegner.
Auch die TV-Experten Günter Netzer und Oliver Kahn sind keine Freunde des Nationalelf-Managers. Da für Kahn in nächster Zeit kein Job beim FC Bayern frei oder gar geschaffen werden dürfte, käme ein Angebot vom DFB nicht ungelegen. Mit seiner Kritik an Bierhoffs Forderungen („Fast eine Art Amtsmissbrauch“) stellte er sich geschickt auf die Seite von Präsident Theo Zwanziger und Generalsekretär Wolfgang Niersbach. Eine Meinungsäußerung, die als Bewerbung verstanden werden könnte.
ps