Der Überraschungs-Jogi mit dem guten Bauchgefühl

Löw wirbelt seine Elf durcheinander - und hat mal wieder Erfolg. Jetzt hat er 15 Mann im Kader, die Chancen aufs Halbfinale haben.
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DANZIG - Alle Torschützen ab auf die Bank. Das hatte sich noch nie ein Bundestrainer getraut, vor allem nach der erfolgreichsten EM-Vorrunde aller Zeiten mit drei Siegen aus drei Partien. Es ging gut. Am Ende sogar sehr gut. Und jetzt wird nicht nur Joachim Löw ahnen können, dass er eine der stärksten Nationalmannschaften aller Zeiten um sich versammelt haben dürfte.

Doch selten hat man Löw so angespannt und dann – nachdem das 4:2 perfekt war – so erleichtert gesehen.

Mario Gomez, Matchwinner gegen Portugal (1:0) und Holland (2:1) saß gegen Griechenland zunächst ebenso draußen wie Lukas Podolski und Lars Bender, die Torschützen beim 2:1 gegen Dänemark. Dass Boateng nach seiner Gelbsperre zurück kam, überraschte niemanden. Aber dass von den vier Offensiven gegen die Griechen nur der bislang eigentlich am schwächsten agierende Mesut Özil übrig blieb, so viel Mut und Risiko hätte Löw keiner zugetraut.

Seine Risiko-Rochaden: Miroslav Klose statt Mario Gomez, dem Führenden der EM-Torschützenliste, dazu ein kompletter Wechsel auf den Flügeln. Jugend forsch statt WM-Meriten: Marco Reus (7. Länderspiel/1 Tor) statt Thomas Müller (30/10) auf rechts sowie André Schürrle (16/7) statt Lukas Podolski (100/44).

„Das war heute der Tag der Veränderung“, sagte Löw nach dem glänzenden 4:2 schmunzelnd, „ich hatte das Gefühl, nach drei Siegen etwas ändern zu müssen. Die Zeit war reif.“
ZDF-Experte Oliver Kahn hatte schon vor dem Spiel vermutet: „Löw hat die Entscheidung so getroffen, weil er es taktisch so haben wollte und nicht, weil die anderen es so schlecht gemacht hätten. Das wird außerdem noch Müller und Podolski anstacheln, ihnen einen Schub geben, wenn sie im Halbfinale wieder dabei sein sollten. Ich bin begeistert.“ Von Löw und seinem Mut.
Die Rechnung ging auf. „Ich wollte in Wege investieren“, sagte Löw – und meinte: Er wollte schnellere Spieler auf dem Platz haben gegen das griechische Defensiv-Bollwerk. „Sie haben das sehr gut gemacht“, so Löw.

Das neue Trio spielte gegen den Druck an, sie wollten unbedingt das Vertrauen rechtfertigen. Reus und Schürrle überzeugten auf den Flügeln, weil sie mit Özil in der Mitte gut harmonierten. Und Klose? Bewegte sich wie immer viel und wuchtete irgendwann seinen „Kadaver" (O-Ton Klose) hoch und köpfte das 3:1. Schließlich setzte Reus einen Abpraller zum 4:1 unter die Latte. Am Ende wechselte Löw alle drei Rochade-Kicker aus, das Halbfinale war erreicht - und Löw erleichtert.

Und das Beste: Jetzt hat Löw mit der Start-Elf von gestern und den bisherigen Stammspielern Müller, Gomez, Podolski plus Lars Bender mindestens 15 Mann im Kader, die sich im Training zerreißen werden, weil sie am Donnerstag im EM-Halbfinale unbedingt in die Startelf wollen. Der Kader ist stark, beinahe jede Position ist doppelt gleichwertig besetzt, richtige Stammplätze gibt es im offensiven Bereich nicht mehr. „Unsere Bank ist schon sehr stark. wenn man sieht, wer da alles reinkommen kann, das ist schon Wahnsinn“, erkannte Miroslav Klose. Und Gomez gestand: „Ich bin gespannt, wie's im nächsten Spiel aussieht.“ Wahrscheinlich weiß das Löw derzeit selbst auch noch nicht so genau. Jüngst schon hatte er gestanden: „Es gibt schon die eine oder andere Bauchentscheidung. Ich sehe ja, dass manche Spieler auf einem ähnlichen Niveau sind. Dann ist es schwierig, rationale Entscheidungen zu treffen.


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