Das Klose-Rätsel

Der Bayern-Stürmer, im Klub wenig erfolgreich, trifft für die Nationalelf im Doppelpack – und weiß selbst nicht, woran das liegt.
von  Abendzeitung
Miroslav Klose im EM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei
Miroslav Klose im EM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei © Rauchensteiner/Augenklick

BERLIN - Der Bayern-Stürmer, im Klub wenig erfolgreich, trifft für die Nationalelf im Doppelpack – und weiß selbst nicht, woran das liegt.

Die meisten Menschen erstarren und werden schlagartig unlocker, wenn man ihnen eine Fernsehkamera vors Gesicht und ein Mikrofon unter die Nase hält. Thomas Müller gehört definitiv nicht dazu. Das 3:0 gegen die Türkei ist gerade erst ein paar Minuten alt, da gibt der oberbayerische Mister Nassforsch mal wieder ein Beispiel seiner wunderbaren Unbeschwertheit. Mitten im ZDF-Interview brüllt er in bester Bolzplatz-Lautstärke, vorbei am Mikro-Halter: „Hä? Was? Ich red’ grad den zweiten Satz.“ Wendet sich wieder dem ZDF zu und brummt: „Kaum trifft er, hebt er schon wieder ab.“ Gemeint war: Mannschaftskollege und Doppeltorschütze Miroslav Klose.

Wo auch immer Bayern-Coach Louis van Gaal sich das Spiel der deutschen Nationalmannschaft angesehen hat, er wird sich wieder kräftig die Augen gerieben haben. Seine in der Liga rätselhaft gehemmten Kicker blühen im Nationaldress auf, dass es eine Freude ist. Die Bayern gehörten in Berlin zu den positiven Überraschungen: Philipp Lahm in der Vorwärtsbewegung so dynamisch wie seit Südafrika nicht mehr. Thomas Müller wieder mit seinen feinen Instinktpässen. Holger Badstuber in Halbzeit eins mit den meisten Ballkontakten und fehlerlos in der Defensive. Nur Toni Kroos fiel etwas ab, bekam aber Lob vom Bundestrainer: „Sehr gut. Er hat ja bei uns noch nicht oft von Anfang an gespielt. Und dann auf der Schweinsteiger-Position - das war nicht einfach. Aber er hat sich im Laufe des Spiels sehr gut bewegt.“

Und dann war da noch Miroslav Klose, in seiner Nationalmannschaftsrolle als Torschütze vom Dienst. Zunächst der Abstauber in Minute 42 nach Vorarbeit der Bayern Lahm und Müller, dann kurz vor Schluss noch das 3:0. Fünf Tore hat er in der EM-Qualifiaktion schon erzielt, mittlerweile 57 im Nationaldress, das alles im 104. Länderspiel - Klose wird immer mehr ein Mann für die Geschichtsbücher. Mit seinen Treffern überholte er Joachim Streich, mit dem er Rang zwei geteilt hatte. Zu Gerd Müller (68) sind es nur noch elf Treffer. Erklären kann er das alles nicht: „Ich frag’ mich das auch jedes Mal. Bei Bayern fehlt halt einfach dieses Quäntchen Glück.“ TV-ExperteOliver Kahn pflichtet ihm bei: „Er hat in der Nationalmannschaft einfach das Glück, das er bei Bayern gerade nicht hat. Aber dieses Glück muss man erzwingen.“ Ein echter Kahn-Satz.

Der wiedererstarkte Kapitän Lahm zeigte sich höchst zufrieden: „Es ist beeindruckend, wie die Mannschaft spielt. Ein perfekter Start, mehr geht nicht. Aber das zählt alles nichts, wenn wir am Dienstag in Kasachstan nicht gewinnen.“ An den Pflichtsieg am kommenden Samstag gegen Hannover wird ihn dann Louis van Gaal nochmal erinnern.

tbc

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