Robben, der gerüffelte Retter

Natürlich sind die Bayern ihrem verlässlichen Torschützen dankbar. Aber diesmal muss sich Arjen Robben trotz seines Treffers zum 1:0 gegen Olympique Lyon auch Kritik für einen kleinen Egotrip gefallen lassen – und entschuldigt sich dann brav
von  Abendzeitung
Im Clinch mit dem Coach: Als Louis van Gaal seinen holländischen Landsmann Arjen Robben auswechselt, zeigt der sich bockig.
Im Clinch mit dem Coach: Als Louis van Gaal seinen holländischen Landsmann Arjen Robben auswechselt, zeigt der sich bockig. © dpa

Natürlich sind die Bayern ihrem verlässlichen Torschützen dankbar. Aber diesmal muss sich Arjen Robben trotz seines Treffers zum 1:0 gegen Olympique Lyon auch Kritik für einen kleinen Egotrip gefallen lassen – und entschuldigt sich dann brav

MÜNCHEN Uli Hoeneß hatte Sprechstunde. Kam wie immer entspannten Schrittes in die Interview-Zone, den roten Fan-Schal um den Hals, und blieb ausnahmsweise mal vor den Journalisten stehen. Starke Worte fand er für die Leistung seiner Mannschaft, schützende für den Rot-Sünder Franck Ribéry – und gar keine für Arjen Robben.

Wer den Bayern-Präsidenten nach dem überragenden Spieler der vergangenen Wochen fragte, bekam eine patzige Antwort: „Sie müssen aufhören, immer nur einen herauszuheben. Wenn eine Mannschaft so fightet, sollte man damit aufhören.“

Wer Mut hatte, wies auf Robbens sensationelle Torquote (20 Treffer in 31 Pflichtspielen) hin. Darauf der Geschäftsmann Hoeneß: „Er hat auch 25 Millionen Euro gekostet. Da muss er auch ein bisschen mehr leisten als die, die zwei Millionen kosten.“

Abgesehen davon, dass einem außer Edson Braafheid – die Älteren erinnern sich – recht wenige Bayern-Spieler einfallen, die zwei Millionen Euro gekostet haben, hat Hoeneß natürlich Recht. Robben sieht das genauso. Nach jedem Spiel wiederholt er in bester Oliver-Kahn-Manier sein Credo vom „Immer weiter“, was auch seinen Aussetzer in Minute 85 erklärt.

Als auf der Tafel des vierten Offiziellen die Nummer zehn aufleuchtete, stapfte der Schütze des mal wieder entscheidenden Tores wie ein bockiges Kleinkind vom Feld: wütend, tödlich beleidigt.

Sein Trainer hatte alle Mühe, den Zornigen einzufangen, stellte sich ihm mit seinem gesamten Kampfgewicht in den Weg und geigte ihm die Meinung. „Ich habe ihm gesagt, dass wir am Samstag gegen Mönchengladbach spielen müssen. Er sollte sich für Gladbach schonen, weil er auch dort ein Tor schießen muss“, erklärte van Gaal den Wortlaut an der Seitenlinie, „Robben muss die Auswechslung schlucken. Ich bin verantwortlich. Ein Spieler will nie ausgewechselt werden. Der Robben erst recht nicht. Aber dann muss er auch 90 Minuten die Ordnung halten. Das hat er nicht getan.“

Ein paar Minuten nach dem Spiel war das Adrenalin wieder aus dem schmalen Körper des temperamentvollen Holländers gewichen, und brav wie ein Kommunionkind leistete er öffentlich Abbitte: „Der Trainer hat mir gesagt, dass ich das nicht machen muss. Meine Reaktion war nicht gut, auch gegen den Trainer. Das war emotional, nicht professionell. Ich habe eine Mentalität, ich will immer gewinnen. Ich hatte das Gefühl, dass ich noch ein Tor schießen könnte. Die Gegenspieler waren kaputt, konnten nicht mehr laufen, und es gab viel Raum auf dem Platz. Ich entschuldige mich bei meinen Mitspielern und bei den Fans.“

Keine Sorge, Robben hat Kredit. Wer so viele wichtige Spiele entscheidet, darf sich einiges erlauben: so manch abfällige Geste Mannschaftskameraden gegenüber, so manch theatralischen Auswuchs nach harmlosen Rempeleien des Gegners, so manch verpasstes Abspiel auf den besser Postierten. Aber: wer trifft, hat Recht.

Philipp Lahm, der selbst ein überragendes Spiel machte, schwärmte: „Arjens linker Fuß ist Extraklasse.“ Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge staunte: „Dass er in dieser Kontinuität Tore schießt, konnte man nicht erwarten.“ Und Bastian Schweinsteiger gewann dem Motzki-Auftritt Robbens noch etwas Gutes ab: „Wenn der Trainer etwas entscheidet, muss man sich fügen. Trotzdem ist es gut, dass Arjen da sauer ist.“ Weil er mehr will. Weil er Titel will. Und dieser Wille wirkt ansteckend.

Th. Becker, P. Strasser

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.