Müller-Wohlfahrt geht: "Werde mich noch äußern"
Das Bayern-Beben am Donnerstag: Doc Müller-Wohlfahrt wirft hin! Am Freitag marschierte der 72-Jährige in seine Praxis, ein Statement wollte er dabei nicht abgeben - noch nicht.
München - Er ist eine Ikone des FC Bayern, wenn auch in anderer Hinsicht als etwa frühere Spieler oder Trainer: Franz-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, Bayern-Doc und absolute Koryphäe auf seinem Gebiet. Und jetzt wirft er im Streit das Handtuch? Eigentlich unvorstellbar.
Am Tag nach dem Rücktritt mit sofortiger Wirkung wollte langjährige Bayern-Mannschaftsarzt kein Statement abgeben, hat es allerdings für einen späteren Zeitpunkt angekündigt. "Ich will noch nichts sagen, es ist noch zu früh. Ich werde mich noch äußern, aber nicht heute", sagte Doc "Mull" am Freitag mehreren Münchnern Medien vor seiner Praxis in der Innenstadt.
Der Mediziner und sein Stab hatten am Donnerstag bekanntgegeben, ihre Tätigkeiten für den Rekordmeister aus München niederzulegen. In einer Presseerklärung hatte Müller-Wohlfahrt mit Blick auf das 1:3 beim FC Porto gesagt, dass nach der Partie "aus uns unerklärlichen Gründen die medizinische Abteilung für die Niederlage hauptverantwortlich gemacht" worden sei. Man sehe dadurch das für eine erfolgreiche medizinische Arbeit notwendige Vertrauensverhältnis nachhaltig beschädigt.
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Der 72-jährige Müller-Wohlfahrt war seit fast 40 Jahren mit einer kurzen Unterbrechung Mannschaftsarzt der Münchner und betreut auch die deutsche Nationalmannschaft. Zwischen Bayern-Trainer Guardiola und Müller-Wohlfahrt war es in der Vergangenheit bereits zu Meinungsverschiedenheiten gekommen, das Verhältnis galt als belastet.
Doch mit "Mulls" Aus noch nicht genug? - Wie Sport1 vermeldet, werde es nach Müller-Wohlfahrt wohl auch Rücktritte mehrerer Physios geben. Es könnte also nach der 1:3-Pleite beim FC Porto zur absoluten Unzeit noch zu weiteren Nach-Beben bei den Bayern kommen.
Dauerkonflikt mit Pep Guardiola
Als ein Grund gilt der Dauerkonflikt mit Trainer Pep Guardiola. Das zerstörte Vertrauensverhältnis ist - auf jeden Fall kurzfristig - nicht zu kitten. Fast vier Jahrzehnte war Müller-Wohlfahrt im Amt, kurz unterbrochen wurde dessen Wirken bei den Bayern nur nach Ärger in der nur zehn Monate währenden Amtszeit von Jürgen Klinsmann in der Saison 2008/09.
Eine Reaktion des FC Bayern, der augenscheinlich von der Mitteilung des Mediziners überrascht war, blieb zunächst aus. Am Freitagmittag wird Guardiola vor dem Auswärtsspiel in der Fußball-Bundesliga bei 1899 Hoffenheim zu einer Pressekonferenz erwartet. Mit Müller-Wohlfahrt tritt auch sein Stab zurück, darunter Sohn Kilian.
Guardiola verwies zuletzt bei Nachfragen zum Gesundheitszustand stets kurz angebunden auf den Arzt. Dieser selbst wiederum hielt sich mit öffentlichen Einschätzungen betont zurück. Die Bayern-Stars vertrauen Müller-Wohlfahrt aber weiter, dürften auch nach seinem Ende auf der offiziellen Position "Mull" in seiner Praxis im Herzen der Stadt aufsuchen. Es gilt beim Club das Recht der freien Arztwahl.
Hoch im Kurs steht der von Stars aus allen Bereichen gerne aufgesuchte Müller-Wohlfahrt auch beim DFB. Joachim Löw setzt total auf den 72-Jährigen, lobt ihn immer wieder. Der Bundestrainer gibt seiner medizinischen Abteilung auch einen hohen Anteil am WM-Titel. Torwart Manuel Neuer und Kapitän Philipp Lahm - beide vom FC Bayern - wurden punktgenau zum ersten WM-Spiel in Brasilien fit. Auch das Risiko der Nominierung der lange verletzten Mittelfeldstrategen Bastian Schweinsteiger (FC Bayern) und Sami Khedira (Real Madrid) zahlte sich auf dem Weg zum Weltmeisterschaftstriumph aus.
Lobende Worte von Guardiola über Müller-Wohlfahrt sind dagegen nicht hängengeblieben. Der frühere Trainer des FC Barcelona, der zumindest im Fall des lange verletzten Thiago auch auf die Dienste eine Arztes an seiner früheren Wirkungsstätte gesetzt hatte, wünschte sich zudem einen präsenten Mediziner an der Säbener Straße. Dem kam der FC Bayern zu Jahresbeginn mit der Verpflichtung von Kilian Müller-Wohlfahrt nach.
Auch Klinsmann, der sich am Freitag auf Anfrage nicht äußern wollte, forderte bei seiner kurzen Bayern-Amtszeit 2008/09 einen ständigen Arzt am Vereinsgelände. Müller-Wohlfahrt ließ sich damals von seinen Aufgaben entbinden. Am Tag nach der spektakulären Trennung des FC Bayern vom ehemaligen Bundestrainer Klinsmann kehrte Müller-Wohlfahrt umgehend in das Amt des Teamarztes zurück. Damals übernahm auch Uli Hoeneß eine führende Rolle. Es wäre interessant zu wissen, wie der ehemalige Bayern-Präsident über die Causa von heute denkt.