Kompanys Titel-Taufe: So sehr wurde der FC-Bayern-Coach von seiner Familie geprägt
München - Bescheiden solle er auftreten, sich demütig geben. Das predigten die Eltern ihrem Sohn immer wieder. Als junger Trainer trichterte dieser Vincent, längst weltweit bekannt nach seiner Karriere als Weltklasse-Innenverteidiger von Manchester City, seinen Spielern - ob beim RSC Anderlecht, beim FC Burnley oder seit vergangenem Sommer beim FC Bayern - wiederholt ein: Tretet bescheiden auf, seid demütig!
Seine Werte habe er von seinen Eltern mitbekommen, betont der 39-jährige Vincent Kompany, der in Ukkel geboren wurde, im Süden von Brüssel. "Meine Mutter war eine Gewerkschaftsführerin, also eine starke Persönlichkeit, und mein Vater ein politischer Flüchtling, der es einst irgendwie nach Europa geschafft hat", erzählte er einmal. 1975 war das, Pierre Kompany floh vor der Diktatur von Präsident Mobutu aus der heutigen Demokratischen Republik Kongo. Und machte Karriere.
Als Flüchtling schaffte er es bis zum Bürgermeister-Posten von Ganshoren, im Norden von Brüssel. Nie zuvor hatte dies ein Farbiger in Belgien erreicht. "Obwohl wir zu kämpfen hatten, haben sich meine Eltern stets sehr für diejenigen eingesetzt, die weniger hatten", erinnert sich Sohn Vincent.
Kompanys Vater ist noch heute einer seiner wichtigsten Ratgeber
Diesen Samstag (15.30 Uhr, Sky und im AZ-Liveticker) könnte Kompany junior seine erste Bundesliga-Meisterschaft feiern, seinen ersten Titel mit dem FC Bayern. Mit einem Erfolg bei RB Leipzig sind die Münchner durch - unabhängig davon, was Titelverteidiger und Verfolger Bayer Leverkusen am Sonntag beim SC Freiburg (17.30 Uhr, DAZN) macht.
Kompanys ehemaliger Berater und immer noch einer der wichtigsten Ratgeber, wird stolz sein: Papa Pierre.

Sein erster Titel - das hört Kompany nicht gerne. Aus doppeltem Grund. Vor einer Woche wurde er gefragt, ob er aufgeregt sei, da es bald über die Meister-Ziellinie gehe. "Unglaublich" sei diese Frage, erwiderte Kompany und erinnerte an den Aufstieg mit Zweitligist FC Burnley vor zwei Jahren in die Premier League - als Meister der britischen Championship. "Aber okay", fügte er in einer Mischung aus Entrüstung und Ironie hinzu: "Dann war die Parade in Burnley umsonst."
Und zweitens, ganz generell: "Jeder Trainer, der sagt: ‚Mein Titel' - der lügt. Es geht um die Spieler." So lautet sein Credo. Er ist keine One-Man-Show, kein Egoshooter. Kompany, einst Kapitän unter Trainer Pep Guardiola, seinem beruflichen Mastermind, sieht sich als Teamplayer.
Kompany erklärt sein Erfolgsgeheimnis
Seinen Führungsstil beschrieb er in der "SZ" so: "Ich versuche, als junger Trainer bescheiden zu bleiben und so zu sein, wie ich bin: ein kooperativer Mensch. Jeder soll sich wertgeschätzt fühlen, damit wir die Stärken der Einzelnen bündeln können. Ich glaube, dass wir so schneller wachsen." Auch an Niederlagen wie dem Champions-League-Aus im Viertelfinale gegen Inter Mailand (1:2, 2:2) und im DFB-Pokal-Achtelfinale (0:1 gegen Bayer Leverkusen).
Einige Stimmen im Verein sehen diese Rückschläge sehr kritisch, andere verweisen auf das immense Verletzungspech, das ausgerechnet im Frühjahr zuschlug und Kompanys Kader um Stützen wie Alphonso Davies, Jamal Musiala, Dayot Upamecano sowie Kapitän und Torhüter Manuel Neuer dezimierte.
Für Kompany ist der Welpenschutz mit der Titel-Taufe dahin
Die erste Schale ist wie die Taufe für einen Bayern-Trainer. Sie muss schnell, am besten nach der ersten Saison, erfolgen - sonst kommt der nächste Kandidat. Dass Kompany "nur" einen Titel holen wird, wurde nicht überbetont, sondern akzeptiert.
Wie gut für den bei der Mannschaft beliebten Coach, dass sein Vorgänger Thomas Tuchel eine titellose Spielzeit zu verantworten hatte.
Natürlich bekommt Kompany ein zweites Jahr, weitere Chancen auf Trophäen. Der Welpenschutz ist mit der Titel-Taufe dahin, die Ansprüche steigen. In Leipzig will Bayern auch ohne den gesperrten Torjäger Harry Kane mit einem Dreier eigenmächtig über die Ziellinie. "Ich persönlich bereite keine Feier vor, ich bereite das Spiel vor", betonte Kompany am Freitag an der Säbener Straße.
Demütig und bescheiden. Nur ganz selten kann er auch mal anders.