Königsklasse: Here we go!
MÜNCHEN Der nächste Anlauf. Wieder und wieder versuchen sie, diesen Henkelpott zu gewinnen, fast im Gleichschritt. Für Philipp Lahm (28), der zu Ausbildungszwecken einst zwei Jahre beim VfB Stuttgart kickte, ist es der achte Versuch, für Bastian Schweinsteiger (28) gar der elfte Anlauf in der Champions League.
Zwei Mal haben sie gemeinsam das Finale erreicht, 2010 war man gegen Inter Mailand (0:2) noch nicht reif genug, am 19. Mai diesen Jahres unglücklich und inkonsequent. Nach dem verlorenen Elfmeterschießen, dem „Drama dahoam” gegen den FC Chelsea sagte Lahm in seiner ersten Enttäuschung: „Wir können nicht davon ausgehen, dass wir alle zwei Jahre in ein Champions-League-Finale kommen, allzu lange haben Basti und ich nicht mehr Zeit.”
Nun sind sie reif, vielleicht sogar überreif – für den Titel. Für die Krönung ihrer Karriere am 25. Mai 2013 auf der Insel. Im Londoner Wembley-Stadion. So kann das Motto der beiden Kapitäne vor dem Start in die diesjährige Gruppenphase mit dem Heimspiel am Mittwoch gegen den FC Valencia (20.45 Uhr, ZDF und Sky live) nur heißen: Wembley? „Here we go!”
Am Dienstag schwor Lahm seine Mannschaft für den großen Traum ein: „Der Start ist immer wichtig. Alles geht von vorne los. Unser erstes Ziel ist Platz eins in der Gruppe, das muss unser Anspruch sein.” Und dann? Lahm: „Wir gehören zu den Favoriten. Wir können um den Titel mitspielen, sind in den vergangenen drei Jahren zweimal ins Finale gekommen.” Aller guten Dinge sollen nun drei sein für Lahm und Schweinsteiger.
Es ist dieser ganz große Titel, der den beiden – schon zigmal Doublesieger – noch fehlt in ihrer Laufbahn. Die Nationalelf-Statistik ergibt ein ähnliches Bild: 2006, 2010 und 2012 im Halbfinale eines großen Turniers gescheitert, 2008 erst im EM-Finale. Den letzten Pott-Triumph verbinden die Fans mit den Namen Kahn und Effenberg, bei Lahm und Schweinsteiger soll man in 10, 20 Jahren eben nicht an das Finale von München denken. So unterschiedlich die beiden Chefs in Ausstrahlung und Wirken sind – sie eint ihr gemeinsames Karriereziel. Ihre Verträge laufen bis 2016.
Franz Beckenbauer, der einst drei Mal (1974-’76) den Henkelpott gewann, macht den Bayern und dem sehnsüchtigen Duo Mut: „Ich halte die Bayern für stark genug, um den Titel zu gewinnen”, sagte der Ehrenpräsident der „Stuttgarter Zeitung”. Doch im Verein selbst will man dieses Jahr nicht solch einen Druck aufbauen wie vergangene Saison als das Finale im eigenen Stadion zum Muss ausgerufen wurde, von Präsident Uli Hoeneß selbst. Diesmal gibt man sich defensiver, demütiger.
„Natürlich wollen wir weit kommen und den Titel gewinnen. Das wäre ein wunderbares Zeichen”, sagte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, schränkte jedoch ein: „Wir sollten dennoch nicht mit zu viel Euphorie an die Sache herangehen. Wir sollten mit den Füßen auf der Erde bleiben und nicht fliegen.” Auch Trainer Jupp Heynckes wollte am Dienstag partout nicht vom Finale in Londons Fußball-Tempel sprechen. „Das mag ich nicht”. Den 19. Mai hat er gelöscht – so gut es geht. „Das ist vorbei, ad acta gelegt”, sagte Heynckes, „wir haben jetzt eine neue Herausforderung, wollen step by step gehen.” Er zählte seinen Favoritenkreis auf: Barcelona, Real Madrid, Manchester United, Manchester City („Die haben beide aufgerüstet”), Juventus Turin („Eine sehr, sehr gute Mannschaft”). Paris St. Germain und Chelsea nannte er nicht.
Philipp Lahm übrigens hat schon einmal im neuen Wembley-Stadion gespielt – und 2:1 gewonnen. Im August 2007 war das, mit der Nationalelf. Bastian Schweinsteiger fehlte damals verletzt, Lahm vertrat ihn im defensiven Mittelfeld. „Da habe ich gute Erinnerungen”, sagte er nun und lachte. Na also: See you in London.