Flick, Bayern und der DFB: Zeitspiel von allen Seiten
München - Hansi Flick war bestens gelaunt am Freitagmittag während der Videopressekonferenz an der Säbener Straße. Schlagfertig, freundlich, guter Dinge einfach. Ein Schelm, wer Böses dabei interpretiert. Denn der 56-Jährige war trotz des Ausscheidens in der Champions League so gelöst, dass man meinen könnte, er habe etwas hinter sich gebracht.
Flicks Gespräch mit Kahn: Trainervertrag bei Bayern kein Thema
Hat er auch. Nicht die bittere 1:0-Sieg-Niederlage von Paris, die das Ende der Europareise besiegelte, sondern das angekündigte Gespräch mit Vorstand Oliver Kahn.
Man wollte sich über die Zukunft unterhalten, über die Frage, ob sich Flick zu seinem Vertrag bekennen möchte, der bis 2023 läuft oder ob er Fluchtgedanken Richtung DFB und Bundestrainerjob hege. Das Treffen mit Kahn fand tatsächlich statt, es ging jedoch - so wollte Flick glaubhaft machen - um die sehr, sehr nahe Zukunft und die Vergangenheit.
"Wir haben kurz gesprochen. Über Dinge, die diese Woche betreffen, wie wichtig sie ist und wie wir das Aus gegen Paris verdaut haben", sagte Flick, der zum bitteren Dienstag erklärte: "Das Aus ist so schnell nicht weg, man schläft nicht so optimal. Das ist auch normal und sieht man mir sicher auch an."
Schön kokettiert. Flick lächelte die Falten des Zorns weg und gab sich entspannt. Ein erneutes Bekenntnis zu seinem Vertrag wurde ihm diesmal nicht abverlangt, auch eine eventuelle Deadline in seinem Gedankenprozess wischte er ganz beiläufig weg: "Es ist jetzt nicht so, dass wir da Druck haben."
Beckenbauer fordert Bekenntnis von Bayern-Coach Flick
Den hatte Ehrenpräsident Franz Beckenbauer bei "Sport1" gemacht. "Natürlich muss er sich zu irgendetwas bekennen", sagte er. Wenn Flick sich nicht klar zu einer weiteren Zusammenarbeit bei Bayern bekenne, seien "die Spekulationen natürlich offen. Mit denen muss er dann leben. Dann kann er aber nicht sagen 'nächste Frage', sondern muss drauf eingehen".
Macht er aber nicht. Am Dienstag hatte er in einem langen Monolog im TV viel Spielraum für die schlüssige Interpretation eröffnet, dass dies die Anmoderation seines Abschieds sei. Flick spielt auf Zeit. Im Grunde spielen alle beim FC Bayern gerade auf Zeit. Jeder aus einer anderen Motivation heraus.
Flicks Vorteile als Bundestrainer
Flick könnte als Bundestrainer zu Frau Silke in seine Heimat Bammental (in der Nähe seines Geburtsortes Heidelberg) ziehen, dann auch seine Töchter Hannah und Catherine samt Enkel wieder öfter sehen. Und mit dem ihm vertrauten DFB-Direktor Oliver Bierhoff zusammenarbeiten, zugleich den Machtkampf um Transfers und Kaderplanung mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic hinter sich lassen.
Rummenigge: "Flick ist voll und ganz auf den FC Bayern fokussiert"
Der schweigt aktuell, hat aber Bayern-Patron und Ehrenpräsident Uli Hoeneß als Unterstützer in der Kernthese, wer für was im sportlichen Bereich verantwortlich ist. Nämlich: Kader = Sportvorstand. Aufstellung = Trainer.
Der zum Jahresende scheidende Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge will nicht noch einen neuen Trainer einstellen, er rief die Streithähne zur Ordnung - was nicht funktionierte. Aktuell hält er sich zurück, lässt Kahn, den Vorstandsprinzen, die Gespräche führen. Was zu einer gewissen Patt-Situation führt.
Ab dem 26. April heißt die Tagesordnung: Tacheles
Denn der Ex-Titan wird erst zum 1. Januar in Amt und Würden als neuer Big Boss sein. Aktuell geht er den Weg der Diplomatie und formuliert die Dinge, als trüge er eine Goldwaage auf der Zunge: "Flick ist voll und ganz auf den FC Bayern fokussiert. Ich konnte nicht feststellen, dass er große Tendenzen zeigt, was die Nationalmannschaft anbelangt."
Nach AZ-Informationen wird man sich frühestens nach dem Liga-Dreierpack in Wolfsburg, gegen Leverkusen und in Mainz zusammensetzen, denn "danach können wir etwas durchpusten", so Flick, der dabei an die Mannschaft dachte, die 13 Tage spielfrei ist. Viel Zeit für Gespräche. Daher sei es "sehr wichtig", betonte er, dass sich "alle - Trainer, Spieler, Umfeld, Verein" - auf die drei anstehenden Spiele konzentrieren. Und ab dem 26. April heißt die Tagesordnung: Tacheles.