FC Bayern: Die bayerische Befreiung – nun muss es auch in der Liga klappen

München - Steine, überall Steine. Auf den Tribünen der Allianz Arena, auf dem Rasen, in der Kabine. Überall konnte man sie erahnen am späten Dienstagabend, die in Wahrheit unsichtbaren Anzeichen der Erleichterung.
Alle, die es mit dem FC Bayern halten, und noch mehr diejenigen, die für den FC Bayern arbeiten, waren nach dem 2:0 gegen den FC Barcelona am zweiten Gruppenspieltag der Champions League ein paar Kilo leichter.
FC Bayern leistet sich in der ersten Halbzeit viele Fehler
Am meisten war Hasan Salihamidzic die frisch gewonnene Leichtigkeit nach der schweren Aufgabe Barça anzumerken. Der Sportvorstand strahlte, ließ sich auch nicht durch eine Reporterfrage nach der zähen, schleppenden Halbzeit eins und dem glücklichen 0:0-Pausenstand provozieren. Gut gelaunt gab Salihamidzic zu: "In der ersten Halbzeit haben wir sehr viele Fehler gemacht, viele Fehlpässe gespielt, waren ein bisschen unsicher."
Kein Wunder nach zuletzt drei Unentschieden in der Bundesliga. Angesichts der Chancen von Bayerns Ex-Stürmer Robert Lewandowski musste man Böses befürchten für die Elf von Trainer Julian Nagelsmann. Doch sie schüttelten sich und befreiten sie selbst von der Gefahr, aus einer Mini-Krise in eine größere (Sinn-)Krise zu rutschen. "In der zweiten Hälfte haben wir gezeigt, warum wir den Sieg verdient haben", sagte der Sportvorstand. Den Sieg, den "wir mehr wollten als Barça", wie Kapitän Manuel Neuer feststellte.

Sieg gegen FC Barcelona: FC Bayern stellt Rekord von Real Madrid ein
Tempo, Intensität, Aggressivität - kurz: das von Nagelsmann so oft beschriebene Energie-Level war am Anschlag. Lucas Hernández mit Wucht, Wille und Köpfchen zum 1:0. Leroy Sané mit Eleganz, Übersicht und feinem Füßchen zum 2:0 - fertig der Befreiungsschlag. "Alles war besser", jubelte Salihamidzic, der betonte, was er am liebsten durch die Katakomben gebrüllt hätte: "So spielt man in der Champions League!"

Dabei ist es doch gute, bayerische Tradition, durch die Vorrundenphase zu rauschen. Das 2:0 bedeutete das 30. Gruppenspiel in Folge ohne Niederlage (bei 27 Siegen und drei Remis). Damit wurde der Rekord von Real Madrid aus den Jahren 2012 bis 2017 eingestellt. Nach dem fünften Erfolg in der Serie gegen Lieblingsgegner Barça hat man beste Aussichten auf den - fest eingeplanten - Einzug in die K.o.-Phase im Frühjahr 2023.
Kahn: "Nun wollen wir auch in der Bundesliga zurück in die Siegesspur"
Im Oktober stehen nun die Partien gegen den krassen Außenseiter Viktoria Pilsen an, während sich Barcelona und Inter die Punkte gegenseitig wegnehmen. Salihamidzic sprach von "einer guten Position, nicht mehr und nicht weniger."
Und Vorstandsboss Oliver Kahn twitterte am Mittwoch: "Zweites Spiel, zweiter Sieg! Nach dem Auswärts-Dreier gegen Inter konnten wir weitere Big Points einfahren. Eine herausragende Energie-Leistung des gesamten Teams."
Doch Kahn wäre nicht Kahn, der Berufsmahner, wenn er nicht den Aber-Zeigefinger heben würde: "Nun wollen wir auch in der Bundesliga zurück in die Siegesspur." Samstag in Augsburg, wenn der Glamour-Faktor im bayerischen Derby doch ein wenig niedriger ist. Im schnöden Alltag Liga, der immer wieder unliebsame Überraschungen beschert wie das 2:2 gegen Stuttgart letzten Samstag. Auch in Augsburg musste man schon leiden, im November 2021 setzte es eine 1:2-Pleite.

Jamal Musiala und Leroy Sané stehen derzeit besonders unter Strom
Ist der Stimmungsumschwung aus der Energiekrise nun geschafft? Jamal Musiala, der verdientermaßen die Auszeichnung als "Man of the Match" erhielt, und Sané stehen aktuell besonders unter Strom. Nach seiner Auswechslung pfefferte Sané wütend eine Wasserflasche weg. Er habe "kein gutes Spiel gemacht", meinte der DFB-Nationalspieler äußerst selbstkritisch, "das Tor war schön, aber ich bin nicht ganz zufrieden mit meiner Leistung."
Seit Beginn der Vorsaison war Sané an 14 Königsklassen-Toren direkt beteiligt (acht Tore, sechs Assists) - nur Reals Torjäger Karim Benzema (17) und ein gewisser Lewandowski (19) haben mehr. Und von den Diskussionen um das Fehlen eines echten Mittelstürmers nach dessen Abgang haben sie an der Säbener Straße nun auch vorläufig mal Ruhe.
Das tut besonders gut...