Schock beim FC Bayern: Davies wollte wohl gegen die USA spielen

München - Wenn Max Eberl offensichtlich eines gelernt hat während seiner langen Karriere als Fußballmanager, dann ist es das: Alarmismus hat noch nie geholfen - selbst wenn die Not besonders groß ist wie jetzt gerade beim FC Bayern nach dem überraschenden Saison-Aus von Alphonso Davies und der langen Pause für Dayot Upamecano.
Beide Personalien kommentierte der 51-jährige Sportvorstand am Mittwoch direkt nach den niederschmetternden Diagnosen sachlich und mit dem gebotenen Ernst: "Bei Länderspielpausen besteht leider immer die Gefahr, dass Spieler verletzt zurückkommen - diesmal hat es uns besonders hart getroffen. Die Ausfälle von Alphonso Davies und Dayot Upamecano wiegen schwer für den FC Bayern."
Aber Eberl packte in sein Statement eben auch eine ordentliche Prise Zuversicht: "Unser Kader ist stark und wird diese Ausfälle auffangen. Wir werden jetzt noch enger zusammenrücken. Die Qualität ist da, um weiter unsere großen Ziele zu verfolgen."
Auf Bayern warten in den nächsten Wochen wichtige Spiele
Intern dürfte Eberl allerdings ein wenig anders geklungen haben, schließlich kommen beide Verletzungen für den FC Bayern zur absoluten Unzeit. Die Mannschaft von Trainer Vincent Kompany steht kurz vor der heißen Phase der Saison. Nach den Bundesligaspielen gegen den FC St. Pauli am Samstag (15.30 Uhr/Sky) und beim FC Augsburg am nächsten Freitag (20.30 Uhr/DAZN) warten die beiden Viertelfinal-Spiele in der Champions League gegen Inter Mailand (8./16. April), zwischendurch gastieren noch die Dortmunder in der Allianz Arena.
Schon jetzt ist klar: Kompany muss in der Viererkette kräftig umplanen: Wie lange Abwehrchef Upamecano (26) wegen der freien Gelenkkörper im Knie ausfällt, ist unklar. Die Bayern selbst sprechen von mehreren Wochen.
Für Davies dagegen ist die Saison definitiv gelaufen. Der Kanadier hat sich beim Spiel seiner Nationalmannschaft gegen die USA (2:1) einen Kreuzbandriss zugezogen, damit kommt ziemlich sicher auch ein Einsatz bei der für die Münchner finanziell so wichtigen Klub-WM im kommenden Juni für den 24-jährigen Linksverteidiger nicht in Frage.
Davies-Berater erhebt schwere Vorwürfe an Kanada-Trainer Marsch
Was die Causa Davies für Eberl & Co. noch ärgerlicher macht, ist die Tatsache, dass die schwere Verletzung wohl hätte verhindert werden können. Bereits zuvor hatte Davies im Halbfinalspiel der Concacaf-Nations-League gegen Mexiko eine kleine Oberschenkelzerrung erlitten. Im Prestige-Duell gegen den großen Nachbarn sollte Davies daher eigentlich gar nicht mehr auflaufen, wie sein Berater Nedal Huoseh gegenüber der "TZ" erklärte: "Ich war überrascht, dass er in der Startelf stand, da er selbst kommuniziert hatte, dass er nicht gut genug für die Startelf sei." Trotzdem hatte Kanada-Coach Jesse Marsch, seines Zeichens ehemaliger Trainer von RB Leipzig, Davies von Anfang an gebracht.
Eine folgenhafte Entscheidung – mit reichlich Zoff-Potenzial. Davies-Berater Huoseh hatte schon direkt in Richtung Marsch gewettert: "Meiner Meinung nach hätte er (Marsch, d.Red.) die Situation besser managen können, das hätte zu 100 Prozent verhindert werden können."
Am Abend setzte sich der Verband in einer Stellungnahme zur Wehr. "Die Trainer und das erfahrene medizinische Personal von Canada Soccer sind echte Profis und haben der Sicherheit und dem Wohlergehen der Spieler stets höchste Priorität eingeräumt. Alles, was etwas anderes behauptet, ist unwahr", hieß es in der Mitteilung. Brisant: Laut einem Bericht von "The Athletic" soll Davies seinem Trainer vor dem Spiel gegen die USA auch erklärt haben, er fühle sich fit genug, um zu spielen. Das steht in Widerspruch mit den Aussagen von Huoseh. Immerhin hätte Davies dann mindestens eine Teilschuld an der Verletzung.
Wie einst bei Robben: Legt sich Bayern mit dem kanadischen Verband an?
Unabhängig davon könnte Marsch und dem kanadischen Verband auch von der Säbener Straße Ungemach drohen. Es wäre zumindest nicht das erste Mal, dass sich die Bayern wegen einer Verletzung eines ihrer Profis bei einem Länderspieleinsatz mit einem Nationalverband anlegen.
Beim Fall von Arjen Robben, der sich während der WM 2010 einen Muskelriss zugezogen hatte und monatelang ausfiel, drohten die damaligen Bayern-Verantwortlichen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge sogar mit einer Schadensersatzklage gegen den niederländischen Verband vor Gericht zu ziehen. Der Streit konnte damals erst mit den Einnahmen aus einem Freundschaftsspiel des FC Bayern gegen die holländische Nationalmannschaft beigelegt werden.
Davies und Upamecano fallen aus: Noch hat Kompany Alternativen
Zunächst geht es für Bayerns Trainer Kompany aber erstmal darum, den zuletzt so formstarken Linksverteidiger zu ersetzen. Beste Chancen hat Sommer-Neuzugang Hiroki Ito (25), Raphael Guerreiro (31) ist auf dieser Position nur noch die Nummer drei. Sacha Boey (24) wäre auch eine Möglichkeit, allerdings hatte der Franzose bislang bei seinen wenigen Einsätzen kaum überzeugt.
Die zentrale Rolle in der Innenverteidigung für Upamecano wird Eric Dier (31) übernehmen, der zuletzt schon Minjae Kim (28) souverän vertreten hatte. Sollte der Südkoreaner seine Achillessehnenprobleme nicht beständig in den Griff bekommen, stünde auch noch Josip Stanisic (24) parat.
Fazit: Optionen sind also vorhanden, verletzen sollte sich hinten allerdings niemand mehr. Sonst dürfte bei Max Eberl wirklich Alarmstimmung herrschen.