Das Bayern-Triple: Glaube, Schmerzen, Hoffnung
Was für Bayern-Wochen: Getafe geschlagen, das starke 3:1 in Frankfurt mit der B-Elf und nun der Rückschlag gegen St. Petersburg. Aber verloren haben sie nicht. Vor allem eines nicht: Den Glauben. Er treibt sie nun an.
MÜNCHEN Die Bayern-Spieler waren längst verschwunden. Runter vom Platz, runter in die Katakomben. Nur weg vom Ort der Enttäuschung, dem 1:1 im Halbfinalhinspiel des Uefa-Cups gegen Zenit St. Petersburg. So konnten sie nicht sehen, was noch in der fast schon menschenleeren Arena geschah: Der Kapitän der Russen, Timoschtschuk, hatte sein Trikot getauscht und tanzte mit nacktem Oberkörper vor den mitgereisten Fans, dabei schwenkte er einen Schal. So sehen Siegessichere aus. Wenige Minuten später applaudierten die russischen Journalisten, als Zenit-Trainer Dick Advocaat im Pressekonferenzraum alle Fragen beantwortet hatte. Als hätten auch sie das Finale in Manchester am 14. Mai schon erreicht.
Und die Bayern? Deprimiert? Am Boden? Aber nein, eher verunsichert. Gemischte Gefühle. Ein Cocktail der Emotionen. Erfolge, Rückschläge, Comebacks – es ist ein andauernder Kreislauf in diesem Frühjahr. Nach Getafe ist vor Getafe. Und vor St. Petersburg. Stopp – vorher geht’s am Sonntag in der Allianz Arena (17 Uhr) gegen den VfB Stuttgart. Ein Spiel, das jetzt gar nicht reinpasst. Nach welchem sie jedoch – sollte Werder Bremen am Samstag in Karlsruhe verlieren und Schalke beim Hamburger SV nicht gewinnen – mit einem eigenen Sieg schon vorzeitig Meister sein könnten, mit den eigenen Fans den 21. Titel feiern. Oder auch nicht.
Was sind das für Wochen für die Bayern. In Getafe auf wundersame Weise weitergekommen, dann der Euphorie-Sieg in der Liga gegen Dortmund (5:0), das starke 3:1 in Frankfurt mit der B-Elf, der mühsame, unnötig gestreckte Pokalfinalverlängerunssieg gegen Dortmund und nun der Rückschlag gegen St. Petersburg.
Verloren haben sie nicht. Vor allem eines nicht: Den Glauben. Er treibt sie nun an.
Der Glaube an sich selbst.
„Wir haben gar keine Zeit für negative Gedanken“, sagte Kapitän Oliver Kahn. Also warum einen Gedanken ans Ausscheiden verschwenden? Und der FC Bayern glaubt ans Immer-weiter-kommen. Egal, was passiert. Egal, wer kommt. Noch in der Kabine hatte Kahn seine Mannschaft aufs Rückspiel am Donnerstag eingeschworen. „Wer Getafe überstanden hat, der übersteht auch St. Petersburg. Wir sehen uns in Manchester“, sagte Bayern-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. Aber wie?
Die Schmerzen.
Gegen St. Petersburg war das unglückliche Kopfball-Eigentor von Lucio der Startschuss zur allgemeinen Lethargie. Die Angst vor einer möglichen Niederlage lähmte die Beine. Die ohnehin schon müden Beine. Alle drei, vier Tage ein Spiel – der Fluch des Erfolgs. „Wir haben zwar zum Saisonfinale ein mörderisches Programm“, sagte Kahn, „aber das kann eben nur der FC Bayern mit seiner Qualität und Quantität an Spielern stemmen.“ Und Trainer Ottmar Hitzfeld dosieren. „Ich werde gegen Stuttgart frische Kräfte bringen müssen, damit wir wieder die Balance finden“, sagte er, „man darf jetzt nicht mit der gleichen Mannschaft spielen, denn sonst gehen wir auf dem Zahnfleisch." Gehen sie sie schon. Nur eines macht Beine.
Die Hoffnung.
Falls es doch schon gegen Stuttgart mit dem Titel klappen sollte am Sonntag, wäre das ein enormer Psycho-Schub. Außerdem ist ja Luca Toni, „der Baum“ (Manager Uli Hoeneß) gegen den VfB und am Donnerstag wieder dabei. Er macht den Unterschied. Der Tor-Titan als Hoffnungsträger. „Es fehlte ein wenig die Kaltschnäuzigkeit von Luca, der auch aus keiner Torchance ein Tor macht“, sagte Hoeneß. Keine Chance, Luca hilft. Er will alle drei Titel, das ganz große Ding drehen. Sie müssen nur dran glauben.
P. Strasser, Ch.Paschwitz