FC Bayern: Darum hofft Joshua Kimmich auf einen Sieg von Leverkusen
Leipzig - Sie haben nichts ausgelassen, die Bayern. Nochmal am großen Rad gedreht in der Leipziger Arena. Heraus kam ein wildes 3:3-Spektakel, eine Achterbahnfahrt. Als Spiegelbild der Saison: Diese Mannschaft ist eine Wundertüte. Man weiß nie, was herauskommt.
Weiß sie wohl selbst nicht. Wunderbar bis verwunderlich. Spektakulär im Triumph, spektakulär im Scheitern. Immer hauchdünn an der Gabelung zwischen Wohl und Wehe. Wie beim Champions-League-Aus im Viertelfinale gegen Inter Mailand (1:2, 2:2) so auch beim DFB-Pokal-Exit gegen Leverkusen – mit zehn Mann besser als der Gegner. 0:1, raus.
Schlechte erste Halbzeit
In Leipzig spielten die Münchner zunächst eine überraschend schlechte erste Halbzeit, gingen gegen RB mit einem verdienten 0:2-Rückstand in die Pause. Der Meister-Matchball schien vergeben. Dann drehten die plötzlich wundersam wiederbelebten Bayern mit überraschender Wucht und starkem Willen innerhalb von 22 Minuten die Partie, führten bis in die Nachspielzeit mit 3:2. Der gesperrte Torjäger Harry Kane war von der Vip-Tribüne nach unten zur Bank geeilt, um den allerersten Vereinstitel seiner Karriere gebührend mitzufeiern. Als die Fans die 34. Meisterschaft mit Freuden-Böllern sowie Feuerwerkskörpern begrüßten und die Sieger-Shirts herausgekramt wurden, schlitterten in der fünften Minute der Nachspielzeit zig Spieler am eigenen Strafraum grätschend ins Leere bis RB-Joker Yussuf Poulsen die Kugel zum 3:3 ins Netz hob. Stecker gezogen.
Pustekuchen statt Meistertorte. Die Party ist nur aufgeschoben. Um ein paar Stunden oder ein paar Tage. Wenn der Titelverteidiger und letzte verbliebene Verfolger Bayer Leverkusen am Sonntag (bei Redaktionsschluss für diesen Artikel noch nicht angepfiffen, d.Red.) nicht beim SC Freiburg gewinnt, ist Bayern Meister. Sonst eben mit einem eigenen Pünktchen am Samstag im letzten Heimspiel der Saison gegen Borussia Mönchengladbach, dem Abschieds-Heimspiel der scheidenden Klub-Legende Thomas Müller.
Müller darf seine 13. Schale in die Luft stemmen
Bayerns Trainer Vincent Kompany, der in seiner ersten Saison unmittelbar vor seinem ersten Titel steht, sprach von einem „fast perfekten Fußballnachmittag“. Sportdirektor Christoph Freund meinte mit einem Lächeln: „Es gab schon Unentschieden, die sich schlechter anfühlten. Ein richtig geiles Fußballspiel. Jetzt sind wir quasi Meister“. Damit eröffnete der Österreicher die Rechenspiele-Meisterschaft. Er fühle sich „ganz als Meister“, meinte Müller, auch wenn man es „noch nicht“ sei. Der 35-Jährige, der seine 13. Schale stemmen wird: „Ich kann auch rechnen und habe schon ein paar Saisons erlebt.“
Der Spielverlauf machte die Musik. „Auch wenn es sich durch das späte Ausgleichstor ein bisschen komisch anfühlt, ist dennoch viel Freude da, dass wir das umgebogen haben“, sagte Müller und betonte: „Das Team hat gezeigt, was im Klub und in der Mannschaft steckt. Wir haben einige Verletzte und trotzdem das Ding gezogen.“ Widerstandsfähigkeit und Comeback-Qualitäten prägen das Bild dieser (Quasi-)Meistermannschaft genauso wie Lässigkeiten und Chancenwucherei.
So will Kimmich die Meisterschaft feiern
Für Vize-Kapitän Joshua Kimmich ist es „eine hochverdiente Meisterschaft“, weil wir „eine sehr gute Bundesliga-Saison gespielt haben“. Auf Nachfrage sagte er erst zögerlich, dann mit Nachdruck: „Ja, wir sind Deutscher Meister, wenn wir alle ehrlich sind. Es wird – auch rein rechnerisch - schwierig für Leverkusen, das zu verhindern. Ich glaube nicht daran, dass Leverkusen drei Mal 7:0 gewinnt und wir noch zwei Mal 0:5 verlieren. Da sind wir uns, glaube ich, alle einig“.
Der FC Bayern müsse generell „jedes Jahr den Anspruch haben, Meister zu werden“. Für Nationalelf-Kapitän Kimmich ist es auch schon die neunte Schale. Die der 30-Jährige am Sonntagabend auf der Couch, inmitten seiner vier Kinder, endgültig verbuchen kann? „Mir wäre es lieber, wenn Leverkusen gewinnt“, sagte Kimmich, „mit einem Sieg gegen Mönchengladbach würde es sich dann richtig rund anfühlen.“