Bessermacher Jupp Heynckes: Das sind die Aufsteiger beim FC Bayern München
München - Sachen gibt's. "Mein Name ist Holger Brüssel und, wie es der Zufall will, fliege ich sie heute." Ein Brüller. Man kann sich vorstellen, dass die Stimmung an Bord des LH-Sonderfliegers des FC Bayern am Dienstagvormittag von München in die belgische Hauptstadt prächtig war.
Das vorletzte Champions-League-Spiel der Vorrunde steht am heutigen Mittwoch an, beim bisher tor- und punktlosen Tabellenletzten RSC Anderlecht (20:45 Uhr, ZDF und Sky sowie im AZ-Liveticker). Außer Überheblichkeit droht keine Gefahr. Für das Achtelfinale, die im Februar beginnende K.o.-Phase, ist man längst qualifiziert.
"Wir haben eine Serie von acht Siegen, die wollen wir fortführen", sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und ergänzte neudeutsch: Wir wollen im Flow bleiben.
Heynckes: Einzelgespräche und Provokationen
Im Jupp-Flow. Weiter (siegen), immer weiter (siegen) soll das Motto unter Jupp Heynckes sein, der vor sechs Wochen angefangen hat, das ancelottinische Chaos zu ordnen.
Laissez-faire in Belgien? Nicht mit Heynckes! "Ich glaube nicht, dass die Mannschaft einen Spannungsabfall haben wird, Jupp wird das auch nicht zulassen", meinte Rummenigge. Weil eben nicht nur Punkte, Siege und Titel für den 72-jährigen Fußball-Lehrer zählen, sondern die tagtägliche Arbeit. Jeden Spieler jeden Tag besser machen – das hatte sich einst auch Trainerpraktikant Jürgen Klinsmann 2008 auf die Fahnen geschrieben.
Diese ehrenwerte Mission glückte ihm allerdings nicht, ganz im Gegensatz zu Pep Guardiola und nun Heynckes. In Einzelgesprächen und mit ganz gezielten kleinen Provokationen hat dieser bestimmte Spieler wieder flott gemacht.
Bessermacher Jupp und seine sechs Schäflein...
Sven Ulreich
Fotos: dpa
Nach dem monatelangen Ausfall von Nationaltorhüter Manuel Neuer waren die Sorgen groß bei Bayern, doch Ersatzmann Sven Ulreich (29) steigerte sich von Spiel zu Spiel. Weil ihn Heynckes trotz vorheriger Patzer stark geredet hat. Nach zwei Jahren in Neuers Schatten wollte er letzten Sommer weg, nun diskutiert man bei Bayern eine Vertragsverlängerung über 2018 hinaus.
Niklas Süle
Der Innenverteidiger erwartete nach seinem Wechsel aus Hoffenheim ein Lehrjahr in München, musste sich in der Hierarchie der zentralen Verteidiger an Position vier einordnen. Weil Boateng oft ausfällt und Martínez ins Mittelfeld gerückt ist, spielt Süle (22) fast immer. Dank Heynckes’ Vertrauen und einer Ernährungsumstellung, weg von (gelegentlichen) Burgern und Pizza.
Javi Martínez

Der Baske (29) ist die Schlüsselfigur in Heynckes 4-2-3-1-System, als Sechser vor der Abwehr. "Er bringt alles mit", lobte Heynckes, der ihn von der Innenverteidigung auf die laufintensivere, aber verantwortungsvollere Position im Mittelfeld stellte. Martínez zahlt das nun mit Leistung zurück.
Arturo Vidal

Heynckes provozierte den Chilenen, Kampfname "Krieger", warf ihm mangelnde Fitness vor. Vidal (30) verneinte, trainierte jedoch fortan intensiver. Die Ansprache zog. "Ich bin ein Fan von Arturo", sagt Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, "Vidal ist Vidal – du musst ihn eben in den Griff kriegen. Jupp spricht Spanisch mit ihm, hat ihn hinbekommen."
Kingsley Coman
Weil sich der Franzose zuletzt mit einer Knieprellung herumplagte, dosierte Heynckes feinfühlig die Einsätze des Linksaußen, der drauf und dran ist, Franck Ribéry adäquat zu ersetzen. Coman (21) fühlt sich im dritten Jahr in München erst richtig wertgeschätzt.
James Rodríguez
Foto: imago
Ihn erfand Heynckes ganz neu. Der Kolumbianer (26), Wunschtransfer von Ex-Coach Carlo Ancelotti und von vielen als Fehleinkauf abgetan, ist kein Flügelspieler, keine hängende Spitze. Unter Jupp spielt er im halbrechten Mittelfeld. Effektiv, weil ball- und passsicher wie kein Zweiter.
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