Bayerns Helden in der leeren Arena

München - Die spannendsten Fragen bei einem Klassentreffen sind doch die: Wer hat schon wie viele Kinder bekommen? Wer hat wen geheiratet? Und wer hat sich gehen lassen und nun ein paar Kilos zu viel drauf? Letztere Frage stellte sich auch Bixente Lizarazu, beim Heldentreffen der weltbesten Fußballmannschaft 2001.
Die Champions-League-Sieger des FC Bayern sahen sich am Montagabend in einer Loge der leeren Allianz-Arena das Spiel gegen den FC Valencia in voller Länge an. 120 Minuten plus Elfmeterschießen, es passierte auf den Tag genau vor zehn Jahren. „Ob die Jungs alle noch wie Fußballer aussehen?“, fragte sich Lizarazu. Seine Zweifel waren unberechtigt. Mitspieler, Trainer und Funktionäre kamen alle noch recht sportlich daher. Thomas Linke und Hasan Salihamidzic etwa oder auch Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, der Lizarazu kräftigt herzte, als er ihn sah. Präsident Uli Hoeneß hätte das sicher auch gerne getan, doch er ist bereits im Urlaub.
Bilderstrecke: So feierten die Bayern vor zehn Jahren
Überhaupt war den Bayern-Helden anzusehen, dass ihnen dieses Treffen wirklich Freude machte – so gelöst und gut gelaunt wie Oliver Kahn, Giovane Elber, Jens Jeremies und ihre Mitspieler aussahen.
Dabei hatte es damals, am 23. Mai 2001, anfangs nicht gut ausgesehen. In Mailand pfeift der Schiedsrichter in der dritten Minute Handelfmeter für Valencia, Mendieta trifft, Bayern liegt hinter. Nur vier Minuten später wird Stefan Effenberg im Strafraum der Spanier gefoult. Wieder Elfmeter, die Chance zum Ausgleich. Mehmet Scholl tritt an – und vergibt.
Die Bayern rennen an, zu Beginn der zweiten Halbzeit kann Effenberg selbst ausgleichen, wieder per Strafstoß. Das Giuseppe Meazza kocht, die Bayern-Helden erleben diese Momente in einer Loge der leeren Allianz Arena, beim Blick nach draußen schauen sie auf ein Meer grauer Sitzschalen. In der Verlängerung gelingt keiner der Mannschaften ein Tor, im Elfmeterschießen wird Torwart Kahn zum Helden: Er hält drei Schüsse, der Jubel der Bayern ist grenzenlos, als um 23.42 Uhr Chef Effenberg den Pott in den Himmel reckt. Auch an diesem Abend in der Arena-Loge wird um kurz vor zwölf angestoßen und gefeiert. Alleine, ohne die Fans.
Bilderstrecke: Was die Bayern-Stars von 2001 heute machen
Bezüglich des schönsten Moments im Finale waren sich alle einig. „Für mich war das, als Olli Kahn den entscheidenden Elfmeter gehalten hat“, sagte Rummenigge, „wir haben viel gezittert bis dahin.“ Michael Henke, damals Assistenztrainer und an diesem Tag der Chauffeur von Trainer Ottmar Hitzfeld, stimmte zu: „Dieser Elfmeter war wie eine Erlösung. Vor allem wegen 1999.“ Die bitterste Stunde der jüngeren Bayern-Geschichte, die Finalniederlage gegen Manchester United in letzter Sekunde, sie spukte auch 2001 noch in den Köpfen herum und war Motivation und Druckmittel zugleich.
Wobei das Stefan Effenberg, den damaligen Kapitän, nach eigenem Bekunden nicht so recht gekümmert hat. „Ich habe da nichts gespürt“, sagte Effenberg, der derzeit um den Posten des Sportdirektors in Mönchengladbach kämpft und in Begleitung seiner Frau Claudia nach München kam. „Ich bin druckresistent.“ An diesem Abend konnte er einfach genießen.