"Wenn er mit dem Bayern-Trikot herumläuft, muss er sich durchsetzen": Edmund Stoiber über SPD-Schwergewicht
AZ-Interview mit Edmund Stoiber. Der langjährige bayerische Ministerpräsident (84) sitzt im Aufsichtsrat des FC Bayern und ist zudem Vorsitzender des Verwaltungsbeirats.
AZ: Herr Stoiber, warum sollten die Mitglieder des FC Bayern am Sonntag auf der Jahreshauptversammlung für die Wiederwahl von Präsident Herbert Hainer stimmen?
EDMUND STOIBER: Weil wir stolz sein können auf so ein erfolgreiches Präsidium. Herbert Hainer macht das als Nachfolger von Uli Hoeneß glänzend. Er hat den Klub substanziell weiterentwickelt. Wenn ein Präsidium das größte Mitgliederwachstum in unserer Historie erreicht, von 300.000 Mitgliedern auf mittlerweile weit über 400.000, dann wurde ausgezeichnete Arbeit geleistet. Natürlich spielen der sportliche und ökonomische Erfolg eine ganz wichtige Rolle, aber das liegt auch an der Art und Weise des Präsidiums. Ich wünsche mir, dass Herbert Hainer noch lange Präsident bleibt. Er ist ein Glücksfall für den FC Bayern. Ich sage immer: Er macht das nicht aufdringlich, sondern eindringlich.
Woran machen Sie das fest?
Die Fan-Nähe, die Mitglieder-Dialogformate, die Authentizität des gesamten Präsidiums, in dem auch die Stellvertreter Dieter Mayer und Walter Mennekes sehr gute Arbeit leisten. Wenn man wie Herbert Hainer 15 Jahre Vorstandsvorsitzender von Adidas war und auch den internationalen Sektor gut kennt, ist das natürlich ein Vorteil. Er weiß, wie man sich an der Spitze einbringen muss, wie man auch bei schwierigen Themen kommunizieren muss. Und der Verein feiert unter ihm große Erfolge. Hainer war der erste Präsident, der sich über drei Meisterschaften in einem Jahr freuen durfte: die der Fußballer, der Fußballerinnen und der Basketballer. Das zeigt, wie breit der Klub aufgestellt ist. Uli Hoeneß hat hier den Grundstein gelegt, Hainer hat es fortgesetzt.
Stoiber: Kompany "zieht die Mannschaft voll mit"
Trainer Vincent Kompany hat seinen Vertrag vorzeitig bis 2029 verlängert. Beim FC Bayern war man sich schnell einig, dass er die Mannschaft in die Zukunft führen soll. Wie sehen Sie Kompanys Entwicklung?
Der Trainer kam 2024 bekanntlich nicht als erster Vorschlag zu uns. Die Leute haben die Diskussionen mitverfolgt: Alonso kommt nicht, Rangnick will nicht, Nagelsmann will nicht zurück. Wenn man aber sieht, wie begeisternd wir jetzt spielen, dann hat die sportliche Führung mit Kompanys Wahl alles richtig gemacht. Er ist ein ganz anderer Typ als Thomas Tuchel, er hat einen besonderen Draht zur Mannschaft, er zieht die Mannschaft voll mit. Und auch die Investitionen im Sommer haben funktioniert. Jetzt kommt noch Lennart Karl dazu – auf einen wie ihn aus dem Campus haben wir lange gewartet. Er ist ja sogar noch jünger als Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger damals. Nach Jamal Musiala ist das jetzt wieder ein richtig großes Talent aus dem Nachwuchs. Dass er gegen Brügge von Anfang an gespielt hat, zeigt das Vertrauen des Trainers und der Mannschaft.

Wie sehen Sie den FC Bayern im internationalen Vergleich aufgestellt?
Der FC Bayern stellt einen unheimlich großen Kontrast dar zu den von Investoren geführten Vereinen in der Premier League. Und ich hoffe, dass wir das so halten können mit der 50+1-Regel. Der Verein hat die Mehrheit in der FC Bayern München AG. Denn damit haben wir in Deutschland nicht nur Kunden, sondern Mitglieder. Da gibt es kritische Anmerkungen in den Jahreshauptversammlungen, ich erinnere nur an das Katar-Sponsoring des FC Bayern. Das ist im internationalen Fußball eine Ausnahme. Der Mitgliederzuwachs zeigt, dass der Klub Herz und Seele hat. Er ist Anker, Familie, Heimat. Der FC Bayern ist mehr als ein Fußballverein, er ist eine Institution, der Bayern und Deutschland in der ganzen Welt vertritt. Der Verein ist innovativ, übernimmt auch gesellschaftlich Verantwortung – etwa mit der Initiative "Rot gegen Rassismus".
Stoiber zu SPD-Chef Klingbeil: "Es ist ganz wichtig, die Mitglieder ernst zu nehmen"
Und er hat Persönlichkeiten, die im Klub mitwirken. SPD-Chef Lars Klingbeil beispielsweise ist seit 2022 im Verwaltungsbeirat vertreten. Hat Klingbeil denn als Vizekanzler noch Zeit, an den Sitzungen teilzunehmen?
Ja, schon – wie übrigens auch Bundesministerin Dorothee Bär. Mir ging es früher ja auch so. Selbst wenn der Terminkalender voll war, habe ich mir als Innenminister und als Ministerpräsident immer viel Zeit für den Verwaltungsbeirat genommen. Auch an den Hauptversammlungen habe ich immer bis zum Ende der Aussprache teilgenommen, auch weil mich die Meinung der Mitglieder zu vielen unterschiedlichen Themen interessiert hat. Es ist ganz wichtig, die Mitglieder ernst zu nehmen, sie zu Wort kommen zu lassen. Und das ist in diesem internationalen Geschäft Profifußball nicht selbstverständlich.
Dabei kommt er aus Niedersachsen, Munster ist keine Hochburg des FC Bayern…
Das stimmt. Wenn er dort mit dem Bayern-Trikot herumläuft, muss er sich durchsetzen gegen die Fans anderer Klubs. Das ist etwas anderes als in Wolfratshausen, da musst du nicht in fragende Gesichter schauen, wenn du ein Bayern-Trikot trägst. Der Beirat muss personell und thematisch breit aufgestellt sein, um das Präsidium in wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen beraten zu können. Dazu leistet Lars Klingbeil auch seinen Beitrag.

