Wird Wolfgang Schäuble neuer Präsident?

BERLIN - Die Amtsgeschäfte der Bundespräsidenten führt vorübergehend der Bremens Bürgermeister. Aber schon in einem Monat wird neu gewählt. Schäuble ist einer der gehandelten Kandidaten.
Es ist ein historisch einmaliger Schritt. Noch nie ist ein deutscher Bundespräsident vor Ablauf seiner regulären Amtszeit zurückgetreten. Nur Heinrich Lübke hatte 1968 seinen Amtsverzicht erklärt, er legte sein Amt aber erst zum offiziellen Ablauf der Amtsperiode nieder. Lübke war damals vorgeworfen worden, in der NS-Zeit Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge beschäftigt zu haben. Köhler wirft dagegen jetzt „mit sofortiger Wirkung“ hin. Wie geht es nun weiter? Wer wird Nachfolger?
Wer führt die Amtsgeschäfte? Laut Verfassung ist der Bundesratspräsident der Vertreter des Bundespräsidenten – und er übernimmt jetzt auch die Amtsgeschäfte und unterschreibt zum Beispiel Gesetze. Weil der Bundesratsvorsitz rotiert, ist jetzt der Bürgermeister von Bremen Bundespräsident. Falls Sie seinen Namen nicht kennen: Er heißt Jens Böhrnsen und ist von der SPD.
Wie geht’s jetzt weiter? Laut Grundgesetz Artikel 54, Absatz 4, muss die Bundesversammlung binnen dreißig Tagen nach dem Rücktritt zusammentreten. Das heißt, spätestens am 30. Juni muss ein neuer Präsident gewählt werden. Die schwarz-gelbe Mehrheit in der Bundesversammlung ist übrigens komfortabel und hat sich im Vergleich zu 2009 sogar noch verbessert. Zwar haben Union und FDP in den Landtagswahlen verloren, aber bei der Bundestagswahl viele Sitze gewonnen.
Wer könnte Nachfolger werden? Die FDP ist so geschwächt, sie kann keinen Anspruch auf einen Kandidaten erheben. Die CSU war noch nie dran und ruft jetzt nach ihrem Recht. Problem: Horst Seehofer ist in der CDU nicht mehrheitsfähig. Und Edmund Stoiber hat man das Amt 2004 auf dem Silbertablett geboten, damals wollte er nicht. Bei „Facebook“ gründeten JUler gestern spontan die erste „Stoiber for President“-Gruppe. Nur: Stoiber gilt als zu alt.
Ein Name ist schon als wahrscheinlicher: Wolfgang Schäuble. Der Finanzminister war schonmal für das Amt gehandelt worden, wurde dann aber von Bundeskanzlerin Angela Merkel ausgebremst. Übrigens nicht zum ersten Mal, trotzdem blieb Schäuble über all die Demütigungen hinweg bedingungslos loyal. Und gerade in letzter Zeit hat er sich internationalen Respekt und Anerkennung verdient. Weiterer Vorteil: Schäuble ist krank, vielleicht zu krank für den stressigen Job des Finanzministers. Die Beförderung ins Präsidentenamt wäre eine elegante Lösung des Problems.
Ganz wild ist die Spekulation, Roland Koch könnte nach Bellevue geschickt werden, um die Konservativen in der Union zu besänftigen. Und NRW-Chef Jürgen Rüttgers wollte das Amt stets, gilt aber seit der desaströsen Wahl als angezählt. Unter „völlig verrückt“ zählt der Vorschlag von Niedersachsens SPD-Chef: Margot Käßmann.
zo/bö