Wie viele stimmen gegen Merkel?

Morgen müssen die Parlamentarier in Sachen Griechenland-Hilfen wieder an die Urne. Die Skepsis in der Union nimmt weiter zu. Die SPD spricht sogar von einem „Misstrauensbeweis“ gegen die Kanzlerin
Martin Ferber |
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Die Abstimmung über das dritte Hilfspaket am Mittwoch könnte für Angela Merkel eine erneute Schlappe bedeuten.
Die Abstimmung über das dritte Hilfspaket am Mittwoch könnte für Angela Merkel eine erneute Schlappe bedeuten.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist die Gelassenheit in Person. Zumindest nach außen. Die Frage, ob der Internationale Währungsfons IWF das dritte Hilfspaket für Griechenland mitträgt oder aussteigt, stelle sich nicht. Der IWF habe das dritte Hilfspaket mitverhandelt, „er trägt das“, sagt sie. Alles andere entscheide sich erst im Oktober.

Und doch befindet sich Merkel in einem Dilemma, das nicht aufzulösen ist vor der entscheidenden Abstimmung im Bundestag am morgigen Mittwoch für gewaltige Unruhe in ihrer eigenen Fraktion sorgt. Denn sie kennt die Position von IWF-Chefin Christine Lagarde sehr genau. Nach seinen Statuten darf sich der IWF nur dann an einem Rettungsprogramm beteiligen, wenn er die Schulden des Landes für tragbar hält. Das aber, meint Lagarde, sei bei Griechenland nicht mehr der Fall. Nötig sei ein deutlicher Schuldenerlass. Das aber lehnt wiederum die Bundesregierung kategorisch ab. Allenfalls gewisse Zugeständnisse an Athen, beispielsweise längere Laufzeiten, seien denkbar, heißt es aus dem Finanzministerministerium.

In der Unionsfraktion wachsen angesichts dieser Aussichten die Zweifel an der Richtigkeit des 86-Milliarden-Pakets. Stimmten schon Ende Juli 60 Abgeordnete gegen die Aufnahme von Verhandlungen, so könnte es am Mittwoch noch mehr Nein-Stimmen für den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wolfgang Schäuble aus den eigenen Reihen geben.

Das Ausscheiden des IWF aus der Troika wäre für sie eine rote Linie, die sie nicht bereit sind zu überschreiten. „Wie die Eurogruppe, halte ich die Beteiligung des IWF für unabdingbar“, sagt CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt.

Viele Abgeordnete sehen die Gefahr, dass ohne den IWF die EZB und die EU-Kommission nicht hart bleiben und bei der Umsetzung der vereinbarten Reformen zu nachsichtig sind. „Es gibt eine klare Maßgabe seitens der Fraktion, mehrfach von Volker Kauder bekräftigt, dass der IWF unabdingbar ist“, betont der stellvertretende Unionsfraktionschef Georg Nüßlein (CSU). „Hier geht es um die Erfahrung des IWF bei der Sanierung von Staaten einerseits, andererseits darum, den Druck auf Griechenland aufrecht zu erhalten.“ Ziel müsse es sein, so der Wirtschaftswissenschaftler, in jedem Falle eine Transferunion zu verhindern. „Ich fürchte, dass Griechenland für einige südeuropäische Staaten nur als Vehikel gesehen wird, das sie an dieses Ziel bringt.“

SPD-Politiker: Verfehlt Merkel die Mehrheit, muss sie zurücktreten

So wie Nüßlein denken viele Abgeordnete in der Union, die vor allem der EU-Kommission misstrauen. Nach deren Alleingängen sei eine „unabhängige dritte Instanz umso essentieller“, erklärt Wolfgang Steiger, der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates. „Die EU-Kommission hat in den letzten Wochen immer wieder laviert und versucht, das Prinzip Hilfen gegen beschlossene Reformen aufzuweichen.“

Beim Koalitionspartner SPD hingegen sieht man die Sache in der Zwischenzeit deutlich gelassener. „Ob der IWF dabei ist, ist eher egal“, sagt der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider. Zwar habe der IWF viel Erfahrung bei der Sanierung von Staaten und sei auch unabhängiger als zum Beispiel die Europäische Kommission. Dennoch müsse Europa seine Probleme selbst lösen können. Gleichzeitig erhöht die SPD den Druck auf Merkel und die Unionsfraktion. Nach den Worten Schneiders ist das Votum des Bundestags zu den neuen Griechenlandhilfen auch eine Entscheidung über die Zukunft der Bundeskanzlerin. Wenn die Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion dagegen stimmen würde, „dann wäre das so ein Misstrauensbeweis, dass sie zurücktreten müsste.“

 

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