Weniger Taschengeld für die Asylbewerber?
Bund, Länder und Kommunen suchen händeringend nach Strategien, um den gewaltigen Zustrom von Flüchtlingen ohne Möglichkeit auf Asyl einzudämmen. Einige SPD-Spitzenpolitiker machen sich dafür stark, mehr Balkanländer wie Albanien oder Kosovo zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, um Menschen von dort schneller abschieben zu können. Im Herbst wurden Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien als sicher eingestuft. Die AZ zeigt die Haltung diverser Spitzenpolitiker in der Flüchtlingsfrage:
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Thomas Oppermann (SPD): „Bei uns gibt es Schutz vor Krieg und Verfolgung, nicht aber einen Anspruch auf Arbeitsmigration“, sagt der SPD-Fraktionschef der „Welt am Sonntag“. Er schlägt vor, Beamte im Ruhestand für die Bearbeitung von Asylanträgen zu reaktivieren.
Frank-Walter Steinmeier (SPD): Der deutsche Außenminister bekräftigt in der „Bild am Sonntag“ seine Haltung: Albanien, Mazedonien und Kosovo suchen die Annäherung an die Europäische Union und können „schon deshalb nicht gleichzeitig als Verfolgerstaaten behandelt werden“.
Christian Lindner (FDP): Der FDP-Chef plädiert im „Tagesspiegel am Sonntag“ für eine Visapflicht für die Länder Kosovo, Albanien und Montenegro. In Deutschland solle „die Einreise für Qualifizierte, die Arbeit suchen, durch ein Job-Visum erleichtert werden“, rät Lindner.
Winfried Kretschmann (Grüne): Auch Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident bleibt trotz Kritik aus der eigenen Partei offen für Verhandlungen über weitere sichere Herkunftsstaaten. Zuvor müsse der Bund jedoch erst einmal nachweisen, dass diese Einstufung überhaupt etwas bringe.
Thomas de Maizière (CDU): Der Innenminister sagt, Deutschland könne die Leistungen für Asylbewerber nicht beliebig reduzieren. „Aber wir können mehr Sachleistungen machen, wir können uns das Taschengeld genauer anschauen.“ Im Innenministerium gibt es Überlegungen, die vorgeschriebene Höchstdauer für den Aufenthalt in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu verlängern – also den Zeitraum, in dem Asylbewerber vorrangig Sachleistungen bekommen. Von den Kommunen kam Unterstützung für den Vorstoß, die Geldleistungen für Asylbewerber zu überdenken. „Es sollte geprüft werden, ob das deutsche System zu viele Anreize bietet (beispielsweise Taschengeld)“, heißt es in einem Forderungskatalog des Städte- und Gemeindebunds.
Gregor Gysi (Linke): Der Fraktionschef hält die Debatte für falsch. Es sei naiv zu glauben: „Jetzt machen wir die Bedingungen für die Flüchtlinge schlechter und dann kommen weniger“, sagt er dem Deutschlandfunk. Vielmehr müssten Fluchtursachen bekämpft werden. Bisher geht die offizielle Prognose von 450 000 neuen Asylanträgen in diesem Jahr aus. Innenminister de Maizière (CDU) will in wenigen Tagen eine neue, höhere Zahl bekanntgeben. Fast die Hälfte der Anträge stellen Menschen vom Westbalkan, die so gut wie keine Chance auf Asyl haben.