Vorbild Österreich: Linken-Chefin Wissler fordert Abschaffung von Adelstiteln
München - Nicht nur die Boulevardzeitungen überschlugen sich am vergangenen Wochenende angesichts der Märchenhochzeit der Wittelsbacher mit Superlativen. "Die besten Bilder von Prinz Ludwig und Sophie-Alexandra aus München", war da etwa zu lesen.
Doch wurden die offiziellen Privilegien des Adels mit Einführung der Weimarer Verfassung im Jahr 1919 in Deutschland generell abgeschafft. Seither gibt es keine Stände mehr – alle Bürger haben die gleichen Rechte.
Adoption für einen Adelstitel?
Zuvor blieb Menschen hierzulande der Zugang zu ganzen Berufszweigen verwehrt, wenn sie nicht "edlen Geblüts" waren. Heute sind Adelstitel dagegen nur mehr Bestandteile der bürgerlichen Namen. Im Alltag bringt ein Adelstitel im Namen mitunter jedoch noch immer Vorteile.
Schulen schreiben die Sprösslinge der jeweiligen Dynastie oft mit ihren Titeln an und auf Wahlzetteln tauchen wie selbstverständlich auch Barone oder Freiherren auf. Mitunter lassen sich reiche Menschen sogar adoptieren, um endlich einen solchen Titel zu führen.
Österreich: Das Führen von Adelsbezeichnungen steht unter Strafe
In Österreich wurden dem Adel 1919 nach dem Ersten Weltkrieg dagegen seine "äußeren Ehrenvorzüge sowie bloß zur Auszeichnung verliehene Titel und Würden" komplett genommen. Das Führen von Adelsbezeichnungen steht in der Alpenrepublik bis heute unter Strafe: Es droht eine Geldstrafe oder "bis zu sechs Monaten Arrest".
Weil das Strafmaß im Gesetz allerdings in Kronen und nicht in Euro angegeben wird, müssen Adlige in der Praxis wohl keine Strafe fürchten. Doch zumindest gegenüber Behörden und in der Öffentlichkeit verzichten Österreichs Blaublütige in der Regel auf das Tragen des Titels.
Linke fordern Abschaffung von Adelstiteln
Solche Verhältnisse hätte gerne auch Janine Wissler, Bundesvorsitzende der Linken. Sie würde die Adelstitel gerne abschaffen. "Adelstitel im Namen gehören nicht in das Jahr 2023. Es wird damit etwas suggeriert, was es eigentlich nicht mehr gibt", sagt sie auf Anfrage der Abendzeitung.

Es solle gesetzlich verankert werden, dass Menschen hierzulande künftig kein "Graf" oder "Baron" oder "Ähnliches" mehr im Namen führen dürften. Auch das "von" solle im Namen gestrichen werden. Für Wissler ist klar: "Dass heute noch Menschen mit 'Ihre Hoheit' oder 'Eure Durchlaucht' angesprochen werden, ist völlig aus der Zeit gefallen. Das sind vordemokratische Relikte."
Adelstitel bedeuten immer noch Sonderbehandlung
Die Politikerin kritisiert, dass mit Adelstiteln noch immer Sonderrechte verbunden seien, "die es nicht mehr geben sollte". Wissler findet: "Ein Ur-Ur-Enkel von irgendeinem Herzog oder Graf zu sein, ist keine Leistung und sollte nicht mit Vorteilen verbunden sein."
Adelsverbände hielten jedoch bis heute "daran fest, dass zwischen Menschen mit und ohne das 'von' im Namen unterschieden werden soll". Die Linken-Chefin glaubt: "Adel fördert die Segregation der Gesellschaft und ist in einer Demokratie längst überflüssig."
Linken-Chefin Wissler lobt Österreich für Abschaffung der Adelstitel
Die Politik sollte aus ihrer Sicht verhindern, "dass mit solchen Namensanhängseln noch größere Gräben gezogen werden". Wissler lobt den südlichen Nachbarn: "Österreich war vor über 100 Jahren weiter und hat Adelstitel einfach abgeschafft." Deutschland müsse nun endlich nachziehen.
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