Und jetzt die rote Aufholjagd?

SPD-Gewinne in allen Umfragen, eine sieht sogar ein Patt: Das weckt bei den Genossen Hoffnung auf einen Endspurt wie 2005. Welche Parallelen stimmen – und welche eben nicht
von  Abendzeitung

BERLIN - SPD-Gewinne in allen Umfragen, eine sieht sogar ein Patt: Das weckt bei den Genossen Hoffnung auf einen Endspurt wie 2005. Welche Parallelen stimmen – und welche eben nicht

Wiederholt sich Geschichte? Die Woche des Endspurts beginnt – und die SPD holt auf. Im Willy-Brandt-Haus wachsen die Hoffnungen, dass es wie 2005 eine rasante Aufholjagd gibt. Doch manches ist diesmal anders.

Zum letzten Mal vor der Wahl veröffentlichte die ARD gestern ihren Deutschlandtrend: Danach hat die SPD deutlich Boden gut gemacht. Sie legt drei Prozentpunkte zu und kommt nun auf 26 Prozent, das ist der beste Werte seit Mai.

Verschiebungen nur innerhalb der Lager

Allerdings finden die Verschiebungen innerhalb der Lager und nicht zwischen ihnen statt: Schwarz-Gelb steht weiter bei 49 Prozent. SPD, Grüne und Linke kommen zusammen auf 47. Denn die drei Prozentpunkte, die Steinmeier zulegt, stammen von Grünen (minus zwei auf zehn) und Linken (minus eins auf elf). Die Union stagniert bei 35 Prozent, die FDP bei 14. Allerdings: Mitte August war die schwarz-gelbe Mehrheit mit 52 Prozent noch deutlicher.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt das aktuelle ZDF-Politbarometer: Hier legt die SPD zwei Prozentpunkte auf 25 Prozent zu; beim Kräfteverhältnis steht es 49 zu 46 für Schwarz-Gelb. Und: Die Zahl derer sinkt, die vermuten, dass Schwarz-Gelb gewinnt.

Verfassungswidrig an die Macht?

Bei der neuen Emnid-Umfrage für n24 gibt es sogar mittlerweile ein Patt: Hier steht es 48 zu 48 zwischen den beiden Lagern (Union 35, SPD 25, FDP 13, Linke 12, Grüne 11 Prozent).

Wahlforscher verweisen allerdings auf die enorme Bedeutung der Überhangmandate: Diese werden nach der Umfragenlage vor allem Schwarz-Gelb zugute kommen. Im Extremfall, so Infratest-Chef Richard Hilmer, könnten Union und FDP zusammen 44 Prozent für eine Mehrheit im Parlament reichen. Das Wahlrecht war von Karlsruhe für verfassungswidrig erklärt worden und muss geändert werden, gilt aber heuer noch ein letztes Mal.

Steinmeier überholt sogar Guttenberg

Steinmeier kann auch persönlich punkten: In der Beliebtheit legt er laut ARD sechs Punkte auf 64 Prozent zu und überholt damit CSU-Star Guttenberg. Nun liegt er fast gleichauf mit Merkel (minus vier auf 67). In der Kanzlerfrage ist er mit 30 zu 53 Prozent immer noch hinter ihr, aber er hat binnen einer Woche den Abstand um neun Prozentpunkte verringert.

Die SPD frohlockt schon, das sei genauso wie 2005: Damals legte die Partei nach dem Duell stetig zwei, drei Prozentpunkte pro Woche zu – bis es am Wahlabend 35,2 zu 34,2 stand. Doch einiges ist anders: Damals war die SPD schon Wochen vor der Wahl in den meisten Umfragen über der 30-Prozent-Marke. Und: Schröder stand in der Kanzlerfrage immer vor Merkel. Außerdem gab es damals den seltsamen Professor Kirchhof und Merkels Steuer-Erhöhungspläne.

Eigentlich wollen die Bürger gar kein Bündnis

Andererseits: Diesmal ist die Zahl der Unentschiedenen noch größer als damals – 24 Prozent wissen immer noch nicht, wen sie wählen werden. 2005 waren es zu dieser Zeit 19 Prozent. Selbst von den eigentlich Entschlossenen schließen nur 40 Prozent ein Umdenken aus. Entsprechend wichtig für den Wahlausgang wird die nächste Woche.

Und: Es gibt keine Koalition, die von einer Mehrheit tatsächlich gewünscht wird. Noch am besten schneidet Schwarz-Gelb ab mit 48 Prozent Befürwortern und 50 Prozent Gegnern, dahinter die große Koalition (45 Prozent Befürworter, 53 Prozent Gegner). Alle anderen Konstellationen haben Zwei-Drittel-Mehrheiten gegen sich. tan

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