Rüttgers "Rumänen-Rede" war kein Einzelfall
Die verbalen Entgleisungen von Jürgen Rüttgers werden hart kritisiert. Nun stellte sich heraus, dasss er auch im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel ähnliche Worte verwendet hatte - und zwar "unbeanstandet". Mit Video.
Die Spitzenkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl, Renate Künast, hat den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) als Rassisten bezeichnet. Künast forderte in der "Leipziger Volkszeitung" (Montagausgabe) zugleich die CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, sich von Rüttgers als stellvertretendem Parteivorsitzenden zu trennen. Hintergrund sind die jüngsten Äußerungen des Düsseldorfer Regierungschefs über rumänische Arbeiter und chinesische Investoren.
Rüttgers hatte mit Blick auf die Verlagerung der Nokia-Produktion ins Ausland auf einer Wahlkampfkundgebung in Diusburg unter anderem gesagt: "Im Unterschied zu den Arbeitnehmern hier im Ruhrgebiet kommen die in Rumänien eben nicht morgens um sieben zur ersten Schicht und bleiben bis zum Schluss da. Sondern sie kommen und gehen, wann sie wollen, und wissen nicht, was sie tun."
Als stellvertretender CDU-Vorsitzender nicht tragbar
Am Freitag bat er für diese Worte um Entschuldigung. Die nordrhein-westfälische SPD warf Rüttgers am Samstag vor, dass die Äußerungen keine einmalige Entgleisung gewesen seien. Er habe ähnliche Worte auch bei einem Wahlkampftermin in Münster verwendet. Künast erklärte nun: "Was Rüttgers sagt ist Rassismus pur." Sie verwies auf frühere Äußerungen von Rüttgers «unter der Parole Kinder statt Inder. Seine späteren Entschuldigungen seien deshalb unglaubwürdig: "An dieser Stelle ist Jürgen Rüttgers Wiederholungstäter." Daher sei er als stellvertretender CDU-Vorsitzender nicht tragbar. "Ich fordere Frau Merkel auf, rasch und unmissverständlich Konsequenzen zu ziehen", sagte Künast. Auch der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, sparte nicht an Kritik. Rüttgers führe einen "gefährlichen und armseligen" Wahlkampf. In der "Leipziger Volkszeitung" (Montagausgabe) sprach Gysi von einem "Wahlkampf auf Stammtischniveau mit ausländerfeindlichen Parolen".
Wasser auf die Mühlen der Extremisten
Am Samstag hatte bereits SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier scharfe Kritik an Rüttgers geäußert. Es sei eine Schande, dass ein Ministerpräsident Rumänen beleidige und Chinesen verspotte, sagte der Vizekanzler am Samstag bei einer Wahlkampfveranstaltung in Duisburg. Solche Äußerungen seien Wasser auf die Mühlen der Extremisten. Rüttgers sei ein Spalter. Die Äußerungen über die Arbeitsmoral der Rumänen seien kein Versehen, sondern "wohl kalkulierter Bestandteil seiner Wahlkampfreden", sagte der Generalsekretär der NRW-SPD, Michael Groschek, laut einer Mitteilung. Bekannt wurde außerdem, dass Rüttgers sich ähnlich auch bei einer Veranstaltung in Bonn im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel geäußert hatte - "unbeanstandet", wie es in Regierungskreisen hieß. (AP/dpa)
Rüttgers Wortlaut im Detail
NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers bei einer Wahlkampfrede am 28. August in Münster: „Hätten die mal vorher nachgedacht. Ich weiß nicht, ob sie wissen, was da in Rumänien los ist. Die kriegen die Produktion in Rumänien nicht in Griff. Hätt’ ich ihnen vorher sagen können. In Rumänien kommen die Arbeiter nicht wie unsere Arbeitnehmer hier in Nordrhein-Westfalen morgen um sieben Uhr und bleiben so lange, wie da Betrieb ist, und wenn’s sein muss, machen se auch noch Überstunden. Die kommen, wann sie wollen, und gehen, wann sie wollen, und deshalb kriegen sie auch die Handys nicht mehr zusammengebaut. Das ist eben die Konsequenz, wenn man solche Fehlentscheidungen trifft, meine Damen und Herren. (Applaus)