Rückenwind für Seehofer: Mehrheit will die "Obergrenze"
München, Berlin - Rückenwind für Horst Seehofer: Die Mehrheit der Deutschen befürwortet eine Obergrenze für den Zuzug von Flüchtlingen. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov unterstützten 56 Prozent die Forderung der CSU, eine konkrete Zahl im neuen Koalitionsvertrag zu verankern. Nur 28 Prozent sprachen sich gegen eine Deckelung aus.
Der seit Monaten laufende Streit über eine Obergrenze wird an diesem Sonntag zentrales Thema eines Spitzentreffens von CDU und CSU zur Vorbereitung von Sondierungsgesprächen über eine Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen sein. Die CSU fordert die Aufnahme von höchstens 200.000 Flüchtlingen pro Jahr. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt dies ab – Grüne und FDP auch.
Seehofer: Ohne Obergrenze nicht zurück zur Basis
Am Freitag sagte CSU-Chef Seehofer mit Blick auf das Unionstreffen: "Ich kann ohne eine Lösung zur Obergrenze zu meiner Basis nicht zurück." Ob er auf das Wort Obergrenze bestehen wird, ließ er aber offen.
Laut Umfrage sind 55 Prozent der Unions-Wähler für die Obergrenze und 36 Prozent dagegen. Die größte Zustimmung für die Begrenzung des Zuzugs gibt es aber bei den AfD-Anhängern mit 96 Prozent und bei den FDP-Wählern mit 69 Prozent. Von den SPD-Wählern befürworten immerhin 54 Prozent die Obergrenze, und selbst von den Anhängern der Linken ist jeder Zweite dafür. Nur im Lager der Grünen lehnt eine Mehrheit von 60 Prozent die Obergrenze ab, 26 Prozent sind dafür.

Unter Rechtsexperten gilt eine "Obergrenze" für Flüchtlinge jedoch als heikel. Abhängig davon, für wen eine Obergrenze gelten sollte, müsste Deutschland also wohl Gesetze oder das Grundgesetz ändern oder sogar aus der Genfer Flüchtlingskonvention aussteigen.
"Horst, es ist Zeit": Gauweiler fordert Söder als Parteichef
Unterdessen geht kurz vor dem Krisentreffen am Sonntag der Streit in der Union um den künftigen Kurs weiter. Der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, hat Konsequenzen aus dem schlechten Ergebnis seiner Partei bei der Bundestagswahl gefordert. Um zur AfD gewanderte Unionsanhänger zurückzugewinnen, müsse die Union ihr konservatives Profil wieder schärfen, sagte er am Freitag. Auch die JU fordert in einer Erklärung eine klare Begrenzung der Zuwanderung. „Wir brauchen qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. Was wir nicht brauchen, ist eine ungesteuerte Zuwanderung in unsere Sozialsysteme.“ JU-Chef Ziemiak spricht sich zudem für eine Verjüngung von CDU und CSU aus. "Wir brauchen junge, unverbrauchte Köpfe in Regierung, Fraktion und Partei."
Eine Verjüngung will auch CSU-Urgestein Peter Gauweiler. Der Münchner fordert vor dem Beginn der Jamaika-Koalitionsverhandlungen, erst die Führungsfrage zu klären. „Horst, es ist Zeit“, sagte Gauweiler in einem „SZ“-Interview an die Adresse des CSU-Chefs. Er plädierte für einen Machtwechsel und machte sich für Markus Söder als neuen Parteivorsitzenden stark. Seehofer selbst hat die Rücktrittsforderung seines früheren Vizes als belanglos zurückgewiesen. "Wissen Sie, ... wir kennen den Peter Gauweiler. Sein Handeln erschließt sich von selbst. Es bedarf keines Kommentars", sagte Seehofer am Freitag in München. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sprang seinem Chef bei und warf Gauweiler vor, eine „vorsätzliche Schwächung seiner Partei“ zu betreiben.