"Politik auf dem Rücken der Flüchtlinge"
Berlin/Landshut - Mehr als ein bissl Symbolwirkung bleibt nicht über. Die vom Landshuter Landrat im Zuge seiner "Verzweiflungsaktion" nach Berlin geschickten syrischen Flüchtlinge sind bereits wieder auf dem Weg zurück nach Bayern.
Sie reisten am Freitagmorgen von einem Hotel in Hohen Neuendorf am nördlichen Stadtrand Berlins ab. Alle wollen allerdings nicht zurück nach Landshut: Ein Flüchtling will in Berlin bleiben, einer will nach Bremen.
"Die restlichen kommen wieder zurück und sind maßlos enttäuscht, weil sie in der Erwartung nach Deutschland kommen, Bundeskanzlerin Angela Merkel hilft ihnen, und sie wollen in große Städte. Und diese Erwartungen werden nicht erfüllt," so Dreier
Hintergrund der Aktion: Aus Protest gegen die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte der Landrat die 31 Flüchtlinge am Donnerstag mit einem Bus zum Kanzleramt bringen lassen. „Ein Ende der Flüchtlingswellen ist überhaupt nicht in Sicht, die Kapazitäten an menschenwürdigen Unterbringungsmöglichkeiten in Deutschland gehen rapide zur Neige und ich sehe nicht, dass bislang neue Wohnungen für die Zuwanderer gebaut worden wären“, sagte Dreier gegenüber N24.
Vor dem Kanzleramt wurde der Tross aus Landshut am Donnerstag von einem Vertreter der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales im Empfang genommen. In Absprache mit dem Bundeskanzleramt sagte der Berliner Senat zu, den Männern für die erste Nacht eine Unterkunft zu besorgen. Die Übernachtungen hat allerdings der Landrat offenbar aus eigener Tasche bezahlt. Ein Mitarbeiter des Kanzleramtes ließ sich nicht blicken.
In der Öffentlichkeit löste die Protest-Busfahrt unterschiedliche Reaktionen aus. Während einige Politiker die Aktion des Landrats verurteilen, stößt sie bei den Usern überwiegend auf Zustimmung.
Eine Auswahl an Kommentaren und Reaktionen contra Dreier:
"Das ist eine unerträgliche Symbolpolitik und ein beispielloser Vorgang der Entsolidarisierung”, sagte der Sprecher von Berlins Sozialsenator Mario Czaja (CDU), Sascha Langenbach, der Berliner Zeitung.
„Das Instrumentalisieren von Asylsuchenden für eigene PR-Zwecke ist unverfroren und unverantwortlich“, sagte der Parlamentsgeschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger, dem „Straubinger Tagblatt“.
"Der Landkreis will die Verantwortung auf Berlin abwälzen. Ich erwarte, dass die Bundesregierung da noch klare Worte findet an die bayerische Landesregierung." so Michael Müller, Regierender Bürgermeister aus Berlin.
Der Landesvorsitzende der Grünen, Eike Hallitzky, äußerte sich über Twitter: "Landrat Dreier plant Fusion von FW und AfD. Missbrauch von Flüchtlingen für unerträglichen Rechtspopulismus."
Florian Pronold, Chef der Bayern-SPD, kritisierte, der Landrat habe sich für seine PR-Aktion den "falschen Adressaten" ausgesucht. Wohnraum für Flüchtlinge zu schaffen, sei nicht Aufgabe des Bundes, sondern des Freistaats Bayern.
Widerliche Instrumentalisierung von Geflüchteten durch Freie Wähler aus Bayern #Dreier #MerkelBus pic.twitter.com/T048VyqjAt
— Canan Bayram (@friedhainerin) January 14, 2016
Facebook-Userin Claudia Mades schreibt: "Wie furchtbar! Auf dem Rücken von Kriegsflüchtlingen trägt man keine politischen Streitigkeiten aus."
Jasmin Fehlner schreibt auf Facebook: "Wie wäre es, wenn man Flüchtlinge einmal nicht als Ware, sondern als als Menschen anerkennen würde. Wie ein Paket weiterschicken, was is denn los bei dem??"
Der Landshuter Landrat hat die Nase voll von Bundeskanzlerin Angela Merkel Flüchtlingspolitik. Aus Protest schickte er heute einen Bus mit 31 syrischen Flüchtlingen weiter zum Kanzleramt nach Berlin.
Posted by Abendzeitung München on Thursday, January 14, 2016
Eine Auswahl an Kommentaren und Reaktionen pro Dreier:
Huber Aiwanger, Chef der Freien Wähler, sieht in der Aktion des Landrats ein "dringend nötiges Signal an die Bundesregierung". Endlich begehrten die Kommunen gegen die gescheiterte schwarz-rote Asylpolitik auf. Merkel solle "sich um ihre Gäste kümmern, wenn sie nicht bereit ist, ihre Politik zu ändern."
Christian Berneiter, Präsident der Bayerischen Landkreistages und Deggendorfer Landrat sagte: "Seine Bürgerinnen und Bürger haben erwartet, dass er diese Aktion durchführt und darum habe ich Verständnis dafür. Die Kritik, die jetzt hier kommt, die ist für mich nicht ganz nachvollziehbar: Er hat niemanden genötigt, er hat auch in meinen Augen niemanden instrumentalisiert und alle die jetzt hier in Berlin groß tönen, die sollten an ihren Hausaufgaben arbeiten."
Sonja Wähler schreibt bei Facebook: "Endlich zeigt mal jemand, dass er nicht nur redet sondert auch handelt."
Hans Klier schreibt: "Sehr geehrter Landrat. Das haben Sie ganz toll gemacht."
Kira Bögl: "Genau !!!! Schickt sie doch alle zu Mama Merkel die hat ja anscheinend nen chronischen Kinderwunsch!!!! Eigentlich sollten wir alle von denen vor ihre Tür stellen!!!!"
Thomas Georgi: "Gebt dem Mann ein Bundesverdienstkreuz!!!"
Andrea Nancy Nenz: "Hoffe das mehr Landräte diesen Mut aufbringen."
Martin Keller: "Hoffentlich gibt es noch einen Haufen Nachahmer, die der Aktion von diesem Landrat folgen. Alle einladen aber sich so gut wie gar nicht kümmern!"
#Dreier ist ein guter Mann. Nicht er hat die Flüchtlinge "benutzt". Merkel benutzt 80Mio. Menschen f. Selbstdarstellung #Meineid #abmerkeln
— mollemopp (@mollemopp) January 15, 2016
Bei den 31 Flüchtlingen aus Landshut handelt sich um Männer, deren Asylantrag bereits anerkannt wurde. Sie gelten als sogenannte Fehlbeleger, die in Flüchtlingsunterkünften untergebracht sind, sich aber eigentlich eine eigene Wohnung suchen müssten.