Parteispendenskandal: Möllemanns Erbe

Parteispendenskandal: Das Verwaltungsgericht in Berlin entscheidet darüber, wie hoch die Millionen-Strafe für die FDP ausfällt. Die AZ klärt die Hintergründe.
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Der 2003 verstorbene Jürgen Möllemann.
dpa Der 2003 verstorbene Jürgen Möllemann.

BERLIN - Parteispendenskandal: Das Verwaltungsgericht in Berlin entscheidet darüber, wie hoch die Millionen-Strafe für die FDP ausfällt. Die AZ klärt die Hintergründe.

Großes Zittern bei der FDP: Das Berliner Verwaltungsgericht will entscheiden, ob die Liberalen eine von der Bundestagsverwaltung im Juli verhängte Strafzahlung in Höhe von 4,3 Millionen Euro bis auf den letzten Cent berappen müssen – oder mit einer niedrigeren Summe davonkommen. Hintergrund ist ein viele Jahre zurückliegender Parteispendenskandal rund um den damaligen FDP-Spitzenpolitiker Jürgen W. Möllemann.

Wofür wird die FDP bestraft?

Für einen massiven Verstoß gegen das Parteiengesetz: Zwischen 1996 und 2002 soll der damalige nordrhein-westfälische FDP-Chef Möllemann fast 1,7 Millionen Euro in die Kasse der Liberalen geschleust haben, indem er seinem Schatzmeister große Summen Bargeld zusteckte. Der wiederum zahlte das Geld gestückelt und unter falschen Spendernamen auf Konten des Landesverbandes ein – hinter dem Rücken von Vorstand und Öffentlichkeit. Bis heute ist unklar, woher das Geld stammte.

Möllemann, der 2003 bei einem Fallschirmsprung in den Tod stürzte und vermutlich Selbstmord begangen hat, nahm die Namen der Spender mit in sein Grab. Alle Ermittlungen gegen ihn wurden mit seinem Tod eingestellt – aber die Fahnder stießen auf den Spendensumpf der NRW-FDP.

Welche Sanktion sieht das Parteiengesetz vor?

Eine Partei, die Spenden annimmt, deren Herkunft nicht feststeht, muss das Dreifache an den Bundestag überweisen. Der leitet die Summe dann an karitative Einrichtungen weiter. Die höchste Strafe in der Parteiengeschichte musste mit 21 Millionen Euro die CDU zahlen – weil ihr hessischer Landesverband in den 80er Jahren Millionen auf schwarze Konten in der Schweiz geschoben hatte.

Wie kam die Affäre ans Licht?

Durch ein Flugblatt mit anti-israelischen Tiraden, das Möllemann kurz vor der Bundestagswahl 2002 in Millionenauflage an alle Haushalte in NRW verteilen ließ. Weil er darin Israels Premier Ariel Scharon und den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden, Michael Friedman, attackierte, wurde ihm Antisemitismus vorgeworfen. Später stellte sich heraus, dass Möllemann das Flugblatt über ein eigenes Konto finanziert hatte, auf das 840000 Euro überwiesen worden waren – gestückelt in anonyme Einzelspenden. Möllemann gab erst an, „Freunde und Sympathisanten“ hätten das Geld überwiesen. Später sagte er, es stamme aus seinem Privatvermögen. Immer wieder wurde auch über Schmiergelder für Panzergeschäfte mit der arabischen Welt spekuliert, die Möllemann als Bundeswirtschaftsminister befördert habe.

Warum hat die FDP geklagt?

Die Liberalen empfinden die Strafe als zu hoch und sehen ihre eigene Aufklärungsarbeit nicht hinreichend gewürdigt. Bei der FDP dürften keine strengeren Maßstäbe angelegt werden als bei anderen Parteien, sagte FDP-Anwalt Christopher Lenz in der Verhandlung.

Grundsätzlich bekennt sich die Partei aber zu ihrer Verantwortung. So hat die FDP schon 2002 aus eigenen Stücken 873000 Euro an die Bundestagsverwaltung überwiesen, weil sie die Spenden für nicht rechtmäßig hielt. Selbst Richterin Erna Xalter nannte die „eigene Aufklärungsarbeit der FDP sehr anerkennenswert“.

Wie reich ist die FDP?

Die Bundes-FDP war zuletzt noch mit 6,8 Millionen Euro verschuldet. Pro Jahr nimmt sie rund sieben Millionen Euro durch Spenden ein, neun Millionen durch Mitgliedsbeiträge und zehn Millionen über die staatliche Parteienfinanzierung.

jox

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