Nur wenige Bulgaren und Rumänen betrügen

Ein Bericht zeigt, dass Sozialschmarotzer aus Bulgarien und Rumänien die Ausnahme unter vielen gut ausgebildeten Zuwanderern sind. Künftig sollen es Betrüger aber schwerer haben.
Jasmin Menrad |
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Andrea Nahles (SPD) und Thomas de Maiziere (CDU) mit dem 133-Seiten-Bericht.
dpa Andrea Nahles (SPD) und Thomas de Maiziere (CDU) mit dem 133-Seiten-Bericht.

Berlin - Mit seinem knackigen „Wer betrügt, der fliegt“ hat Horst Seehofer Anfang des Jahres Sozialschmarotzern aus dem osteuropäischen Ausland gedroht. Zum Versachlichen der Debatte um Armutsmigration und den Missbrauch von Sozialleistungen ist eine Arbeitsgruppe der Regierung dem nachgegangen.

Jetzt liegt der Bericht der Staatssekretärsrunde vor, und er zeigt vor allem eins: Das Problem konzentriert sich auf wenige Städte, und nur eine Minderheit der hier lebenden Bulgaren und Rumänen betrügt. Und das mit dem „Fliegen“ ist gar nicht so einfach.

Der 133 Seiten starke Zwischenbericht kommt zu dem Schluss, dass die weitaus meisten Zuwanderer in Deutschland arbeiten und zum Wohlstand des Landes beitragen - auch die aus Bulgarien und Rumänen. Freilich aber gibt es eine Minderheit, die ohne Berufsbildung, Krankenversicherung und Geld für eine Unterkunft hier lebt. Besonders in Duisburg, Frankfurt am Main, Offenbach, Hamburg und München leben viele sozial schwache Migranten. Diesen Städten wollen Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) und Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) finanziell helfen: In den nächsten Jahren sollen sie mit 200 Millionen Euro unterstützt werden.

Seit dem 1. Januar gilt für Bürger aus Bulgarien und Rumänien die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit der EU. Sie brauchen demnach keine Arbeitserlaubnis mehr, um sich in Deutschland niederzulassen. Diese Freizügigkeit der EU sei eine der tragenden Grundfreiheiten in Europa und stehe nicht zur Debatte, heißt es in dem Bericht. Die große Mehrheit der EU-Bürger halte sich an die Regeln, Missbrauch müsse aber unterbunden werden. Deshalb schlägt die Arbeitsgruppe eine Reihe von Änderungen vor.

Die Vorgaben für die Auszahlung von Kindergeld sollen verschärft werden: Das gibt’s nur, wenn ausreichend Nachweise über das Kind oder eine Steueridentifikationsnummer vorliegen. Das soll verhindern, dass Behörden für ein Kind doppelt bezahlen. Außerdem schlagen die Ministerien vor, das Gewerberecht zu ändern, um besser gegen Scheinselbstständigkeit vorzugehen. Jobcenter, Gewerbeämter und Bundespolizei sollen sich besser mit den Stellen abstimmen, die gegen Schwarzarbeit kämpfen.

Wer betrügt, etwa falsche Dokumente hat, einen Arbeitsplatz oder Wohnsitz vortäuscht, dem soll für eine begrenzte Zeit die Wiedereinreise verwehrt werden. Zudem sollen EU-Migranten nicht mehr unbegrenzt, sondern nur noch befristet ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche bekommen. Der Europäische Gerichtshof sieht hier mindestens eine Aufenthaltsdauer von einem halben Jahr vor.

Eine klare Absage erteilt der Bericht der Forderungen, EU-Zuwanderern anfangs alle Sozialleistungen zu sperren. Am 1. Mai ist es zehn Jahre her, dass die EU die Grenzen zum alten Ostblock abbaute. Skeptisch blickten die Deutschen damals gen Osten, der Zugang ausländischer Arbeitskräfte zum deutschen Arbeitsmarkt wurde erschwert. Qualifizierte Zuwanderer gingen lieber nach Großbritannien.

Derzeit scheint sich diese Angst zu wiederholen: Doch mit 24,5 Prozent hat fast jeder vierte Einwanderer aus Rumänien oder Bulgarien einen Uni-Abschluss. In der Gesamtbevölkerung Deutschlands sind nur 19 Prozent Akademiker. Die Arbeitslosenquote der Rumänen und Bulgaren war 2013 mit gut sieben Prozent halb so hoch wie die der ausländischen Bevölkerung in Deutschland. Etwa 10 Prozent der Bulgaren bezogen Grundsicherung.

Der Bericht zeigt, dass nur eine kleine Minderheit betrügt. Und die fliegen zu lassen, ist europarechtlich kompliziert.

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