Nida-Rümelin erleichtert über Schavans Rücktritt
Der Münchner Philosophieprofessor und ehemalige Kulturstaatsminister der Bundesregierung, Julian Nida-Rümelin (SPD), zeigt sich erleichtert über den raschen Rücktritt von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). dapd-Korrespondent Petr Jerabek sprach mit dem 58-Jährigen am Sonntag in München über die Plagiatsaffäre um Schavan und den Fehlstart der Union ins Wahljahr.
Herr Nida-Rümelin, wie bewerten Sie den Rücktritt von Bundesbildungsministerin Schavan?
Nida-Rümelin: Sie wissen ja, dass ich in den letzten Tagen sehr deutlich gemacht habe, dass ich die Idee für geradezu bizarr halte, dass man unter solchen Bedingungen im Amt bleiben kann. Ganz unabhängig davon, wie jetzt die Arbeit im Detail zu bewerten ist - die Vorstellung, dass eine Ministerin, zuständig für wissenschaftliche Exzellenz, zur gleichen Zeit klagt gegen ihre Universität, mit dem Ziel, dass die Qualitätsstandards soweit abgesenkt werden, dass sie dann doch eventuell ihren Doktortitel behalten kann, ist unvorstellbar in meinen Augen. Und deswegen habe ich mich sehr darüber gewundert, dass auch aus den Wissenschaftsorganisationen fast kampagnenartig koordiniert dafür argumentiert wurde.
Also war der Rücktritt folgerichtig?
Nida-Rümelin: Er war zwingend, war absolut zwingend. Und ich bin froh, dass das so schnell gegangen ist. Es wäre sonst am Ende noch ein quälender Prozess gewesen.
Hat Annette Schavan Haltung bewiesen?
Nida-Rümelin: Also ich hätte eigentlich erwartet, dass sie nach diesem Ergebnis der Kommission und der Fakultät sofort sagt: 'das ist unvereinbar mit dem Verbleib im Amt' und das nicht lange herauszögert. Ich verstehe die persönliche Tragik sehr gut, und für Häme ist keinerlei Anlass. Das ist ganz bitter für sie als Person. Aber das muss man trennen: Das eine ist, dass ich auch für sie hoffe, dass sie ihre persönliche Integrität jetzt nicht beschädigt sieht, aber man kann nicht die Wissenschaft in Deutschland da in Mitleidenschaft ziehen lassen.
Was bedeutet dieser Rücktritt für die Union im Wahljahr?
Nida-Rümelin: Na ja, der Start in dieses Jahr war für die Union nicht gut. Es betrifft Niedersachsen, es betrifft jetzt den Fall Schavan, es betrifft generell das Verhältnis der beiden Parteien zueinander in dem Kabinett. Es ist ja die klare Botschaft: Wir helfen uns gegenseitig nicht mehr. Die FDP kündigt ihre Zustimmung zum Betreuungsgeld auf, die CDU kündigt an, dass sie nichts tun wird, um der FDP über die Fünf-Prozent-Hürde zu helfen. Also, das sind keine guten Bedingungen für eine gute Zusammenarbeit in einer Regierung.
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