Neue Führung bei den Grünen: Jamila Schäfer im AZ-Interview

Die 24-jährige Jamila Schäfer (Grüne) aus München ist neue stellvertretende Bundesvorsitzende. Das sagt sie über die neue Doppelspitze und Alter in der Politik.
von  Lisa Marie Albrecht
Robert Habeck (l) und Annalena Baerbock (r). Im AZ-Interview spricht die stellvertretende Bundesvorsitzende Jamila Schäfer (kl. Bild) über die neue Doppelspitze
Robert Habeck (l) und Annalena Baerbock (r). Im AZ-Interview spricht die stellvertretende Bundesvorsitzende Jamila Schäfer (kl. Bild) über die neue Doppelspitze © Julian Stratenschulte/Andreas Arnold/dpa/

Die 24-jährige gebürtige Münchnerin Jamila Schäfer ist ehemalige Sprecherin der Grünen Jugend und wurde zur stellvertetenden Bundesvorsitzenden der Grünen gewählt.

AZ: Frau Schäfer, Sahra Wagenknecht (Linke) hat getwittert, dass die Grünen mit der neuen Realo-Doppelspitze auf dem Weg zur "Partei des Ökowohlfühlwohlstandsbürgertums" sind. Stimmt das?
JAMILA SCHÄFER: Auf keinen Fall. Wir haben auf dem Parteitag gezeigt, dass wir eine starke Spaltung zwischen Arm und Reich erkennen und Lösungen erarbeiten, wie wir das auch global verhindern wollen. Deshalb halte ich das eher für parteitaktische Anschuldigungen, die aber wenig mit der Realität zu tun haben.

Sie selbst sind nun Teil des Bundesvorstands und kommen aus dem linken Parteiflügel. Bleiben Themen auf der Strecke, wenn der linke Flügel nicht mehr an der Spitze ist?
Ich halte es für falsch, die Flügel immer als Personalfindungs-Clubs zu betrachten. Es geht darum, dass wir gemeinsam Inhalte erarbeiten. Nach den ersten Gesprächen im neuen Bundesvorstand habe ich überhaupt nicht die Befürchtung, dass Themen zu kurz kommen. Als eine ganz zentrale gemeinsame Aufgabe steht an, die Menschen in Europa für Demokratie zu begeistern.

Geht das leichter, wenn man eher pragmatische Realisten als Linke in der Führung hat?
Die Aufteilung zwischen Realisten und Linken teile ich so nicht. Es geht doch immer darum, linke Inhalte auch realpolitisch zu übersetzen. Da gibt es in der Partei auch mal unterschiedliche Prioritäten. Aber ich halte uns als neuen Bundesvorstand für ein arbeitsfähiges Team, das das Interesse hat, Partei und Gesellschaft voranzubringen.

Sie sind überzeugte Feministin. Ist eine Mann-Frau-Doppelspitze heute noch nötig?
Natürlich. Der Frauenanteil im aktuellen Bundestag liegt nur noch bei 30 Prozent. Das liegt auch daran, dass FDP, Union und AfD weniger Rücksicht darauf nehmen, die Macht zwischen den Geschlechtern gerecht aufzuteilen. Man sieht, was herauskommt: dass Frauen, die die Hälfte der Gesellschaft ausmachen, viel weniger an politischen Entscheidungen beteiligt sind. Bei uns gibt es in jedem Spitzenduo mindestens eine Frau, um dieses Machtgefälle zu überwinden.

Sie sind mit 24 Jahren eine Ausnahmeerscheinung in der Politik. Braucht es mehr Junge in führenden Positionen?
Ich finde, dass zu wenig junge Leute in der Politik mitbestimmen. Dabei müssen wir Jungen falsche Entscheidungen von heute länger ausbaden. Auch deshalb habe ich kandidiert. Außerdem finde ich, dass Grüne Jugend und Partei die Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam angehen müssen.

Welche sind das?
Wir haben eine Klimakatastrophe abzuwenden, die Demokratie zu retten und soziale Gerechtigkeit herzustellen.

Würde auch Ihrer Partei eine Verjüngung helfen?
Wir haben mit Annalena Baerbock eine junge Frau als Parteivorsitzende und auch in den Landesverbänden viele Nachwuchspolitikerinnen und -politiker in die Landesspitzen gewählt. Aber wir müssen als Partei noch attraktiver werden für junge Menschen.

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