Napolitano: Rüffel für "Peerlusconi"

SPD-Kandidat Steinbrück im Gegenwind: Italiens Präsident Napolitano spricht eine Rüge aus. Und nicht nur er
Anja Timmermann |
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Während der Bundestag über Mali redet, widmet sich Steinbrück seinem Mobiltelefon – vermutlich verfolgt er eine andere Debatte.
dpa/Hannibal Hanschke Während der Bundestag über Mali redet, widmet sich Steinbrück seinem Mobiltelefon – vermutlich verfolgt er eine andere Debatte.

Berlin - Die Wogen gehen wieder mal hoch gegen Peer Steinbrück. Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano sprach gestern eine öffentliche Rüge wegen der Clown-Zitate des SPD-Kanzlerkandidaten aus. Das schwarz-gelbe Lager schoss aus allen Rohren gegen „Peerlusconi“, auch in den eigenen Reihen gab es Kritik.

Steinbrück hatte zu den Wahlen in Italien erklärt: „Bis zu einem gewissen Grad bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben.“ Gemeint waren der Internet-Komiker Beppe Grillo und Silvio Berlusconi. Napolitano hatte deswegen ein Treffen mit Steinbrück abgesagt. Gestern legte das italienische Staatsoberhaupt in der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem deutschen Kollegen Joachim Gauck nochmal nach – in hochoffiziellem Rahmen, umrahmt von den Staatsflaggen beider Länder: „Das liegt auf der Hand, dass das nicht in Ordnung ist“, rügte Napolitano den SPD-Mann. „Jeder kann denken, was er will. Aber wenn man über den Ausgang von Wahlen spricht, muss man sehr ausgewogen sein bei der Wortwahl.“ Gauck nickte: „So ist es.“ Mehr wolle er dazu nicht sagen. „Manches kommentiert sich von selbst“, so der deutsche Bundespräsident.

Politiker von CDU und FDP hielten sich nicht zurück. „Stammtisch der untersten Kategorie“, so FDP-Fraktionsvize Volker Wissing. „Steinbrück mutiert zum Peerlusconi.“ Michael Meister (CDU): „Er hat die Anforderungen einer Kanzlerkandidatur nicht erkannt. Wer Kanzler werden will, darf sich solche Fehlleistungen nicht erlauben.“ Manfred Kolbe (CDU) nannte Steinbrück „einen Rotzjungen“. Auch aus den hinteren Reihen der SPD kam Kritik. „Das ist nicht diplomatisch“, so die Abgeordnete Ulla Borchardt. Linken-Chef Bernd Riexinger rügte die „explosiven Äußerungen“. In Italien rief Paolo Romani, Abgeordneter von Berlusconis Partei PdL, zum Boykott deutscher Produkte auf, solange die SPD Steinbrück nicht absetzt.

Die SPD-Spitze hält zu ihrem Kandidaten. „Ich finde, Peer Steinbrück hat es auf den Punkt gebracht. Man darf politische Ereignisse auch politisch kommentieren“, so Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Sein grüner Kollege Volker Beck: „Der Vergleich mit Berlusconi ist höchstens eine Beleidigung für jeden rechtschaffenen Clown.“ Andere SPD-Politiker sagten, dass „Clown“ noch milde sei für Berlusconi und auch andere diesen so oder ähnlich kritisiert hatten.

In Italien kommentierten Medien wie der Corriere della Sera, dass Napolitano mit der Absage recht habe – aber dass auch die Sorgen des Auslands ihre Berechtigung hätten. Die schwierige Regierungsbildung in Rom liegt auf Eis – eben weil der Staatspräsident in Berlin ist. Berlusconi forderte gestern das Mitte-Links-Lager auf, mit ihm zu koalieren. Beppe Grillo dagegen lehnte ein Bündnis mit dem Lager ab: Dessen Chef Bersani sei eine „sprechende Leiche“.

 

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