Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigt gerade ihre Griechenlandpolitik, da klingelt ihr Handy. Der Finanzminister ist dran. Die Kanzlerin schickt ihren Generalsekretär Hermann Gröhe vor. „Sag' Wolfgang, ich ruf ihn später zurück, ich hab' hier Wichtiges zu tun“. Diesmal hat die CDU-Vorsitzende die Lacher auf ihrer Seite.
Doch die Szene am Samstag bei der Kreisvorsitzendenkonferenz in Berlin macht auch Merkels Probleme in ihrer CDU deutlich: Während die Parteivorsitzende und Kanzlerin mit ihrer Regierung Entscheidungen trifft, Energiewenden und Millionen-Hilfen im Rekordtempo vorbereitet, fühlt sich die Partei nicht mehr mitgenommen.
„Unsere Politik versteht sich nicht mehr von selbst, es fehlt an Erklärungen“, lautet ein Vorwurf. „Die Partei hat die Themen nicht diskutiert“, ein anderer. „Wir sind zum Kanzlerwahlverein verkommen“, schallt es Merkel von der CDU-Basis entgegen.
Merkel redet 40 Minuten, wirbt für Griechenland-Hilfen (s. Kasten), bekennt sich zu Europa und verteidigt ihren Kurs in der Atompolitik. „Wer, wenn nicht wir, sollte den Ausstieg aus der Kernenergie schaffen“, sagt Merkel und meint dabei sowohl ihre Partei als auch ihr Land.
„Wie soll ich die vielen Ausstiegsschreiben denn beantworten, wie neue Mitglieder gewinnen, wenn ich die Politik selbst nicht erklären kann?“, fragt ein Kreisvorsitzender aus NRW. Die Frage der Mitglieder „wird für uns lebenswichtig“ sein. Die CDU hat inzwischen weniger als 500000 Mitglieder.
„Profil gewinnt man nur mit Verlässlichkeit und klarem Kurs. Augenblickspolitik wie die Reaktion auf Fukushima wirft keine Dividende ab“, hatte Mike Mohring, CDU-Fraktionschef in Thüringen, bemängelt. Damit traf er den Kern der Kritik der Lokalpolitiker. Auch die Abstimmungen über Atom- und Griechenlandpolitik in der Bundestags-Fraktion, bei der es Nein-Stimmen und Enthaltungen gab, sind Folgen der Verunsicherung in den eigenen Reihen.
Merkel bemüht den Markenkern der CDU, der in der persönlichen Freiheit des Menschen liege, nicht in „Kernenergie und Wehrpflicht“. Wie gut sie noch in ihrer Partei verankert ist, werden die nächsten Wochen zeigen – bei den Abstimmungen zum Atomausstieg und zu Griechenland.