Meldegesetz: Merkel meldet Zweifel an

Streit ums Meldegesetz: Bundesregierung kündigt Änderungen an – beschließen kann die nur der Bundesrat. Münchens ehemaliger KVR-Chef Hans-Peter Uhl soll die Neuregelung initiiert haben.
A. Böhm/ G. Thanscheidt |
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BERLIN - Das umstrittene neue Meldegesetz (AZ berichtete) wird wohl nicht in der vom Bundestag still und leise beschlossenen Form in Kraft treten. Nach dem Protest der Opposition, der Datenschützer und vieler Bürger sowie der angekündigten Blockade durch die meisten Länder im Bundesrat geht nun auch die Bundesregierung davon aus, dass das gerade erst geänderte Gesetz bald wieder geändert wird.

Das hat am Montag Regierungssprecher Steffen Seibert angekündigt. „Im weiteren parlamentarischen Verfahren“ soll es nun zu Modifikationen kommen, so Seibert. Praktisch heißt das, der Bundesrat wird Änderungen beschließen, über die dann erneut beraten werden muss.

Das Chaos um das neue Meldegesetz lässt vor allem eine Partei schlecht dastehen: die CSU. Federführendes Ressort für die Gesetzesänderung war das Innenministerium von Hans Peter Friedrich (CSU). Der legte einen Entwurf vor, der dem Datenschutz einen hohen Stellenwert einräumte: Persönliche Daten von Bürgern dürfen nur dann übermittelt werden, wenn diese dafür ihre Einwilligung gegeben haben.

Dann aber wurde im zuständigen Innenausschuss am Tag vor der Verabschiedung im Bundestag das Gesetz verschärft – zum Nachteil der Bürger: Nun muss er einer Übermittlung ausdrücklich widersprechen. Will ein Adressenhändler lediglich seinen bereits vorhandenen Datenbestand aktualisieren – also zum Beispiel die aktuelle Adresse einer bekannten Person erfahren – ist noch nicht einmal ein Widerspruch möglich.

Aus Koalitionskreisen heißt es, die Verschärfung sei „auf ausdrücklichen Wunsch der CSU zustande gekommen“. Und das Internetportal abgeordnetenwatch.de nennt einen Namen: Hans-Peter Uhl. Der Münchner Abgeordnete soll zusammen mit der FDP-Politikerin Gisela Piltz den umstrittenen Änderungsantrag im Ausschuss zur Abstimmung gestellt haben. Ausgerechnet Uhl, der von 1987 bis 1998 als KVR-Chef für die Münchner Einwohnermeldedaten zuständig war. „Wir haben gesagt: Das ist ja eine Verschärfung des Datenschutzgesetzes – das wollen wir nicht“, begründete Uhl im Gespräch mit der AZ seine ablehnende Haltung zum Gesetzesentwurf seines Parteikollegen Friedrich.

Persönlich will er die Änderung nicht forciert haben: „Das waren die Koalitionspartner aus CDU/CSU und FDP gemeinsam“, so Uhl. Auch das Innenausschuss-Mitglied Stephan Mayer (CSU) betont, dass das „ein gemeinsamer Änderungsantrag der Koalition war“. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sind dafür, dass Bayern das neue Meldegesetz stoppt.

Der düpierte Innenminister Friedrich will als Kabinettsmitglied Beschlüsse des Parlaments nicht kritisieren. Das neue Meldegesetz soll 2014 bundesweit gelten. Bis jetzt war das Ländersache. Wer in München verhindern will, dass seine Daten verkauft werden, muss derzeit ein Formular erhältlich ist. Diese „Übermittlungssperre“ gilt aber nur, so lange das neue Gesetz noch nicht in Kraft ist.

Tritt das jetzt vom Bundestag verabschiedete Gesetz doch noch in Kraft, ist dieser Widerspruch in den oben beschriebenen Fällen nicht bindend. Sollte die von Innenminister Friedrich konzipierte Regelung kommen, sind die Daten weitgehend vor dem Zugriff Dritter gesperrt – es sei denn der Bürger erlaubt dies ausdrücklich.

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