Mehr Risiko, mehr Rendite – die neuen Altersvorsorgepläne

Bürgerinnen und Bürger sollen neue Möglichkeiten bekommen, staatlich gefördert fürs Alter vorzusorgen – mit höheren Renditechancen, aber auch höherem Risiko. Das Kabinett will heute Pläne für eine grundlegende Reform der privaten Altersvorsorge beschließen. Der Kern: Alternativen zur immer unbeliebteren Riester-Rente.
Was ist das Problem mit der Riester-Rente?
Eigentlich sollte die private Riester-Rente Bürgern Sicherheit bringen, deren gesetzliche Rente perspektivisch nicht ausreichen wird. Sie wird mit staatlichen Zulagen und Steuervorteilen gefördert. Außerdem sind Anbieter verpflichtet, eingezahlte Beiträge zu 100 Prozent zu garantieren, sodass man kein Risiko eingeht. Doch deswegen sind die Renditechancen auch enorm eingeschränkt. Zugleich fallen hohe Abschluss- und Verwaltungskosten an, die an Versicherungen und Finanzinstitute gehen.
Viele haben sich daher bereits entschieden, nicht weiter in ihre Riester-Verträge einzuzahlen oder sie ganz zu kündigen. Seit 2018 ist die Zahl der Verträge rückläufig. Ende vergangenen Jahres gab es nach Zahlen des Bundesarbeitsministeriums noch knapp unter 15 Millionen – inklusive derjenigen geschätzt 20 bis 25 Prozent, die beitragsfrei gestellt wurden. Die meisten Sparer haben einen klassischen Versicherungsvertrag; Banksparpläne, Investmentfondsverträge und Wohn-Riester sind weniger verbreitet.
Was soll sich jetzt ändern?
Man bekommt mehr Möglichkeiten: Es soll weiterhin eine private Altersvorsorge geben, bei der 100 Prozent der eingezahlten Beiträge garantiert auch ausgezahlt werden. Dazu kommt eine Variante mit 80-prozentiger Garantie. Damit können die Versicherer die Beiträge schon etwas gewinnbringender am Kapitalmarkt anlegen.
Neu eingeführt wird jedoch vor allem ein Altersvorsorgedepot, das hohe Renditen am Kapitalmarkt ermöglicht, aber keine Garantien gibt. Für alle, die wenig Erfahrung am Kapitalmarkt haben und keine individuellen Anlageentscheidungen treffen wollen, soll ein Standardprodukt mit auf 1,5 Prozent gedeckelten Kosten angeboten werden.
Damit können zwei Fonds bespart werden, die der Anbieter festlegt. Einer der Fonds hat ein eher vorsichtiges Profil, der andere geht höhere Risiken ein und hat höhere Renditechancen. In den Jahren vor der Auszahlung wird das angesparte Kapital standardmäßig schrittweise in den risikoärmeren Fonds umgeschichtet.
Was bedeutet das für alle mit alten Riester-Verträgen?
Sie können entscheiden, ob sie ihren alten Vertrag unverändert behalten, ihn ändern oder ganz in das neue Modell wechseln. Erst einmal besteht für alle Altverträge Bestandsschutz.
Man kann aber auch in ein neues Modell wechseln, ohne die bisherige Förderung zurückzahlen zu müssen. Dabei kann man entscheiden, ob man künftig in ein Altersvorsorgedepot einzahlt oder in ein Garantieprodukt. Es können allerdings Wechsel-, Abschluss- und Vertriebskosten anfallen, die laut Finanzministerium gesetzlich gedeckelt werden.
Dritte Möglichkeit wäre, den bestehenden Riester-Vertrag im Konsens mit dem Vertragspartner zu verändern. So könnte man regeln, dass das angesparte Geld nicht als lebenslange Rente ausgezahlt wird, sondern alles schon bis zum 85. Lebensjahr. Vor dem Tod nicht ausgezahltes Vermögen wäre dann vererbbar.
Ist so ein Wechsel nicht kompliziert?
Der Wechsel zwischen verschiedenen Altersvorsorgeverträgen soll generell einfacher werden. Dafür können zum Beispiel die Abschluss- und Vertriebskosten auf die gesamte Vertragslaufzeit verteilt werden. Bisher fällt alles am Anfang an. Wenn man wechselt, zahlt man also die gesamte Summe nochmal. Eine Wechselgebühr sollen die Anbieter außerdem nur in den ersten fünf Jahren nach Vertragsabschluss verlangen dürfen.
Welches Modell ist das beste?
Das kommt ganz darauf an, wie risikobereit man ist und wie viel Wert man auf eine hohe Rendite legt. Das Vorsorgedepot bietet die höchste Chance auf Profit, allerdings auch das höchste Risiko, dass man Geld verliert. Wer auf Nummer sicher gehen will, wird womöglich eine Garantielösung wählen. Auch die sind im Vergleich zur aktuellen Riester-Rente flexibler: Neben lebenslanger Rente kann man sich auch für Auszahlungspläne bis mindestens zum 85. Lebensjahr entscheiden. Letztlich muss jeder die Abwägung zwischen Renditechancen und Risiken für sich treffen.
Bleibt die staatliche Förderung?
Der Grundsatz bleibt gleich: In der Ansparphase sind die Beiträge steuerfrei, dafür versteuert man dann die Auszahlung im Rentenalter. Bisher musste man anhand seines Einkommens einen Mindesteigenbetrag berechnen, um die volle Zulage zu bekommen. Das soll geändert werden.
Künftig sollen Vorsorger mit geringen und mittleren Einkommen und solche mit Kindern besonders profitieren: Für jeden eingezahlten Euro bis jährlich 1.200 Euro soll es 30 Cent vom Staat geben (ab 2029 35 Cent). Für jeden eingezahlten Euro zwischen 1.201 und 1.800 Euro gibt es 20 Cent. Die Grundzulage kann also künftig bis zu 480 Euro jährlich betragen.
Außerdem soll es bis zu einem jährlichen Beitrag von 1.200 Euro eine Kinderzulage von maximal 300 Euro pro Kind geben. Jungen Menschen wird ein Berufseinsteigerbonus gezahlt: Wer seinen Vorsorgevertrag vor dem 25. Geburtstag abschließt, erhält einmalig 200 Euro Zulage.
Für eine Förderung muss man mindestens 10 Euro im Monat einzahlen. Nach oben ist der Altersvorsorgevertrag bei 570 Euro Einzahlung monatlich gedeckelt, von denen bis zu 150 Euro gefördert werden.
Ab wann kann ich die neue Vorsorge abschließen?
Erst einmal müssen sich Bundestag und Bundesrat mit der Reform beschäftigen. Das Finanzministerium hält die Umstellung für so kompliziert, dass die neuen Produkte erst zum 1. Januar 2027 angeboten werden können. Man hat also noch einige Monate Zeit, über einen Wechsel nachzudenken.
Was plant die Regierung zur Altersvorsorge noch?
Union und SPD wollen Kinder absichern, auch wenn ihre Eltern ihnen nicht frühzeitig Geld zurücklegen können. Perspektivisch sollen alle Kinder und Jugendlichen zwischen sechs und 18 Jahren monatlich zehn Euro vom Staat für ein Altersvorsorgedepot bekommen. Eigene Zuzahlungen sollen darüber hinaus möglich sein.
Die sogenannte Frühstart-Rente soll gleichzeitig mit der Altersvorsorge-Reform 2027 eingeführt werden, das Geld aber rückwirkend schon zum Januar 2026 gezahlt werden. Los geht es mit dem Geburtsjahrgang 2020, ab 2029 sollen auch ältere Jahrgänge berücksichtigt werden – genaue Details soll es hierzu aber erst später geben. Finanzieren will das die Koalition unter anderem mit Dividenden aus einem Aktienpaket mit Beteiligungen des Bundes im Wert von zehn Milliarden Euro.