Industrie und Opposition kritisieren Steuerpläne

Nach der Koalitionsentscheidung für Steuersenkungen im Jahr 2013 hält die FDP den Konflikt mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für ausgestanden.
von  dpa

Nach der Koalitionsentscheidung für Steuersenkungen im Jahr 2013 hält die FDP den Konflikt mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für ausgestanden. Die Opposition kritisierte den Beschluss der Koalitionsspitzen als Mogelpackung.

Berlin - Auch in den Ländern regt sich Widerstand. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vermisst bei der Koalition steuerpolitischen Tiefgang.

FDP-Fraktionsvize Volker Wissing sagte am Montag im rbb: "Wir werden am nächsten Mittwoch einen Kabinettsbeschluss erleben, dem auch Wolfgang Schäuble zustimmt, so dass die Frage 'Schäuble gegen FDP und FDP gegen Schäuble' sich damit auch erledigt hat." Schäuble sei immer der Meinung gewesen, dass die kalte Progression angegangen werden müsse. "Insofern gab es da keinen Dissens." Bei der Frage der Entlastung sei man zusammengekommen. "Dass es am Ende gelungen ist, zeigt, wie durchsetzungsstark Philipp Rösler ist", sagte Wissing.

Rösler und die Parteivorsitzenden von CDU und CSU, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Horst Seehofer, hatten sich auf die Senkung von Steuern und Sozialabgaben zum 1. Januar 2013 verständigt. Der Umfang steht noch nicht fest.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) stellte den Liberalen nach Angaben der "Bild"-Zeitung Bedingungen: "Wir müssen im Herbst noch andere Probleme lösen, deshalb erwarte ich, dass die FDP der Vorratsdatenspeicherung zustimmt."

BDI-Präsident Hans-Peter Keitel sagte der Nachrichtenagentur dpa, die jüngste Steuersenkungsdebatte innerhalb der Koalition sei ohne Not vom Zaun gebrochen worden. Nicht jeder, der sich berufen fühle, über Steuerpolitik zu reden, habe sich zuvor ausreichend bemüht, "strukturelle Lösungen für diese komplexe Materie zu erarbeiten und durchzusetzen".

Zudem zeige sich, dass über eine beliebige Steuerentlastung um der Entlastung willen geredet werde, sagte Keitel. Die eigentlichen strukturellen Probleme der Steuergesetzgebung würden nicht angegangen. "Denn dort wird der Boden hart." Schäuble habe recht mit seinem Kurs, der Haushaltskonsolidierung Vorrang einzuräumen.

SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte in n-tv: "Das ist eine Mogelpackung. (...) Da wird der Weihnachtsmann auf den Weg gebracht, allerdings mit einem Geschenk, das ja ohne Inhalt ist." Einer "Steuersenkung auf Pump" würden die SPD-geführten Länder im Bundesrat nicht zustimmen, kündigte Poß in der ARD an. "Und ich hoffe, nicht nur die SPD-geführten Länder, sondern auch einige - wie angekündigt - CDU-geführte Länder."

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte in der ARD: "Steuersenkungen helfen dem Normalbürger nichts, die helfen Spitzenverdienern und sie reißen Löcher in die Haushaltskassen." Wer Normalverdiener entlasten wolle, müsse etwa die Krankenkassenbeiträge stabilisieren - zum Beispiel durch eine Bürgerversicherung.

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte von Schäuble ein striktes Nein zu Steuersenkungen. "Der Finanzminister muss jetzt zeigen, dass er kräftig dagegen hält. Niemand kann ihn zwingen, das mitzumachen", sagte Gabriel im WDR. Die geplanten Steuersenkungen seien "Wahlgeschenke, von denen keiner was hat."

Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen erteilte den Plänen eine Absage. Länder und Gemeinden müssten "den teuren Unsinn mitbezahlen", kritisierte SPD-Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Auch Sachsen-Anhalts Landesregierung reagierte ablehnend. Bund, Länder und Kommunen seien hoch verschuldet. Die oberste Priorität heiße deshalb Haushaltskonsolidierung, sagte ein Sprecher der Staatskanzlei in Magdeburg. Es gebe auf absehbare Zeit keinen Spielraum für Steuersenkungen, sagte Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU) dem Radiosender MDR-Info.

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) lehnte Steuersenkungen ebenfalls strikt ab: "Ich verstehe nicht, warum sich die Bundesregierung an solchen Fronten verkämpft", sagte sie der "Stuttgarter Zeitung".

FDP-Fraktionsvize Wissing zeigte sich "erschrocken darüber, wie die Öffentlichkeit jetzt plötzlich von Geschenken an die FDP spricht". Es gehe darum, Wahlversprechen einzuhalten.

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