Gysi: Linke muss Regierungsverantwortung anstreben
Berlin - "Auch in der Opposition erreicht man Veränderungen. (...) Trotzdem sollte man Mitverantwortung in einer Regierung nicht scheuen, sondern man muss sie wollen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Dann könnte man noch schneller die Dinge so verändern, wie es von unsern Wählern erwartet wird."
Die Linke ist in der Frage der Regierungsverantwortung gespalten. Während der linke Flügel auf einen klaren Oppositionskurs setzt, bemühen sich die vor allem aus Ostdeutschland stammenden sogenannten Reformer um ein rot-rot-grünes Bündnis.
Gysi will am Sonntag auf dem Parteitag erklären, ob er im Herbst nach zehn Jahren als Fraktionsvorsitzender im Bundestag erneut kandidiert. "Dadurch, dass jetzt eine Atmosphäre mit so hoher Erwartungshaltung entstanden ist, habe ich gar keine andere Chance mehr: Ich muss mich erklären", sagte er der dpa. In der Partei wird seit Wochen über die politische Zukunft des 67-jährigen Gysi spekuliert.
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Sollte er verkünden, dass er nicht mehr für den Fraktionsvorsitz antreten will, trifft dies die Linke nach den Worten von Parteichef Bernd Riexinger nicht unvorbereitet. "Wir haben Nachfolge-Lösungen diskutiert und werden sie zeitnah präsentieren", sagte Riexinger der Zeitung "Die Welt" (Freitag). "Ich würde mir wünschen, dass er wieder antritt. Aber ich respektiere natürlich jede Entscheidung. Andererseits ist die Partei auf jede seiner Entscheidungen vorbereitet."
Riexinger brachte in diesem Zusammenhang auch die bisherige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht wieder ins Spiel. Wagenknecht hatte vor drei Monaten ihre Kandidatur für den Chefposten mit der Begründung abgesagt, es mangele ihr an Rückhalt in der Fraktion. "Ihre Absage kam ein bisschen überraschend, schau'n wir mal, wie’s dann wirklich wird", sagte Riexinger. "Wir könnten uns Sahra Wagenknecht sehr gut an der Fraktionsspitze vorstellen." Bei der Linken hat die Parteispitze ein Vorschlagsrecht für den Fraktionsvorsitz.
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Deutlich distanzierte sich der Vorsitzende von Gysis Aussagen zu den Koalitionsmöglichkeiten der Linken mit SPD und Grünen. Gysi hatte in diesem Zusammenhang von "überflüssigen roten Linien" für Rot-Rot-Grün gesprochen und gefordert, seine Partei müsse sich für Auslandseinsätze der Bundeswehr öffnen. Dazu sagte Riexinger: "Die Partei darf ihre Identität nicht aufgeben. Wir sind eine Partei der sozialen Gerechtigkeit und eine Friedenspartei. Unsere Haltelinien sind unverrückbar: kein Sozialabbau, keine Tarifflucht und keine Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland."