Gas-Krise: Kommen Prämien für Sparsame?
Berlin/München - Der Krieg in der Ukraine, die Sorge vor dem Klimawandel und der starke Preisanstieg haben offenbar direkte Auswirkungen auf das Verhalten vieler Bundesbürger: Laut einer Forsa-Umfrage versuchen 72 Prozent der Deutschen bereits, beim Gas- und Stromverbrauch sowie beim Autofahren mit weniger Energie auszukommen. Elf Prozent wollen dies demnach demnächst tun, wie RTL und n-tv berichteten.
Gas sparen: Bonus für Privatleute gefordert
Ein Umschwenken, das sich womöglich finanziell lohnen könnte. Denn vor dem Hintergrund der gedrosselten Gaslieferungen aus Russland werden erste Stimmen laut, die einen Bonus für Privatleute fordern, die besonders viel Gas einsparen.
Die "Wirtschaftsweise" Veronika Grimm etwa sagte der "Rheinischen Post", angesichts dessen, dass die Kapazität der Pipeline Nord Stream 1 aktuell nur noch zu 40 Prozent ausgeschöpft werde, "sollte man dringend Prämien ausschreiben für Haushalte, die ihren Gasverbrauch im kommenden Winter drastisch reduzieren."
Grimm, die Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist, weiter: "Das könnte man durch den Vergleich der Gasrechnungen relativ einfach überprüfen, und die Leute würden sich jetzt schon - entsprechend ihrer Möglichkeiten - auf den Winter vorbereiten können."
Verbraucherexperte spricht sich für Prämien für sparsame Haushalte aus
Das Potenzial sei groß, man müsse aber frühzeitig kommunizieren, dass es sich lohne. "Bevor man zu gesetzlichen Einsparmaßnahmen greift, wie von Wirtschaftsminister Robert Habeck ins Spiel gebracht, sollte man die Potenziale heben, die durch Anreize möglich sind", sagte die Ökonomin. "So verzichten diejenigen Akteure, bei denen es am wenigsten einschneidend ist."
Ohne drastische Energieeinsparungen würden die geringeren Gaslieferungen deutliche wirtschaftliche Spuren in Deutschland hinterlassen.
Zuvor hatte sich auch der Verbraucherexperte Peter Kenning für Prämien für sparsame Haushalte beim Thema Gas ausgesprochen. "Bevor man zu gesetzlichen Einsparmaßnahmen greift, könnte man die Potenziale heben, die durch Anreize möglich sind", sagte der Wirtschaftswissenschaftler dem "Handelsblatt".
Auf politischer Ebene wird das Thema ebenfalls diskutiert: Die energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Nina Scheer findet, Energiesparen sollte belohnt werden. Wer es schaffe, beim Gasverbrauch einzusparen, solle direkt entlastet werden. Je höher die Einsparung beim Verbrauch, desto höher der Rabatt.
Vorschlag von Aiwanger: "Umstieg auf Pellet- oder Holzheizung muss unterstützt werden"
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, es sei die oberste Aufgabe der Bundesregierung, eine gesicherte Energieversorgung zu gewährleisten. Es dürfe auf keinen Fall zu Rationierungen kommen. Er halte nichts von einer Pflicht zum Energiesparen: "Aber der sorgsame Umgang mit knappen Ressourcen, den die meisten Bürger bereits jetzt eigenverantwortlich entwickelt haben, ist natürlich immer sinnvoll."
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hält eine "generelle Prämie für Verbrauchsreduktion" ebenfalls für zielführend, hat aber noch weitere Vorschläge, wie er der AZ sagte: "Private Haushalte verbrauchen rund 30 Prozent des Gases und müssten auch dabei unterstützt werden, den Gasverbrauch zu reduzieren. Insbesondere der Umstieg auf Pellet- oder Holzheizung muss unterstützt anstatt diskreditiert werden. Wärmetauscher sind eine bewährte Alternative, benötigen aber auch Strom, der zunehmend knapp und teuer wird."
Der Bundeskanzler hält sich bei dem Thema allerdings noch zurück. "Ich bin kein Anhänger davon, jetzt einzelne Maßnahmen zu diskutieren, bevor ein Gesamtkonzept vorliegt", sagte Olaf Scholz (SPD) am Wochenende auf die Frage, ob er über Maßnahmen nachdenke, mit denen man Energieeinsparungen auch in Privathaushalten womöglich sogar erzwingen könnte. "Wichtig ist, dass wir uns auf alle Eventualitäten vorbereiten, um dann die jeweils richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt zu treffen."
Damit möglichst viel Gas gespart werden kann, hatte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, eine gesetzlich vorgeschriebene Drosselung der Heizungstemperatur für Wohnungen ins Spiel gebracht.
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