Familienunternehmer-Verband lädt AfD ein: Das sagen bayerische Wirtschaftsvertreter
Schon lange hadern Politiker damit, eine funktionierende Strategie gegen Rechtsaußen zu finden. Die Rufe, die Brandmauer einzureißen, werden lauter – auch von demokratischen Parteien. Der Verband "Die Familienunternehmer" lässt die Debatte abermals aufflammen: Verbandschefin Marie-Christine Ostermann bestätigt dem "Handelsblatt", dass ihre Organisation die bisherige "Brandmauer"-Strategie aufgegeben habe und AfD-Bundestagsabgeordnete zu einer Veranstaltung eingeladen habe.
Ein auf Bundesebene geltendes "Kontaktverbot" hätten sie aufgehoben. Der Verband betont in einer Stellungnahme zwar, keine Regierung mit AfD-Beteiligung zu wollen, aber die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Partei nicht zu scheuen.
AfD: "Axt an die Wurzel unseres Wirtschaftsmodells"
Der Verband wird dafür von Politikern der CDU, der SPD, der Linken und der Grünen hart kritisiert. Dennis Radtke, Chef des CDU-Sozialflügels, sagt etwa dem "Focus": "Wer als Unternehmerverband die Nähe zur AfD sucht, legt die Axt an die Wurzel unseres Wirtschaftsmodells."
Der Wirtschaftspolitiker und Co-Vorsitzende der SPD Bayern Sebastian Roloff kritisiert im "Handelsblatt", dass eine Partei, die als "gesichert rechtsextrem" eingestuft sei, kein normaler Gesprächspartner sein könne.

Janis Ehling, der Bundesgeschäftsführer der Linken, schreibt in einer Stellungnahme: "Der Verband der Familienunternehmer flirtet nun ganz offen mit den Rechten und zeigt damit einmal mehr, dass dieser Verband eine Tarnorganisation der Superreichen ist." Die stellvertretenden Vorsitzenden der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz und Andreas Audretsch, werfen dem Verband vor, dass er nicht für die große Mehrheit der Familienunternehmen spreche.
Tatsächlich vertritt der Verband eigenen Angaben nach nur 6500 Unternehmen von rund drei Millionen Familienunternehmen in Deutschland. Nur Unternehmen, die mehr als eine Million Euro Umsatz erwirtschaften und mindestens zehn Mitarbeiter haben, können Mitglied im Verein werden. Das heißt, nur rund ein Fünftel aller Unternehmen sind überhaupt antragsberechtigt. Zu den Mitgliedern gehören dementsprechend große Konzerne wie etwa Bahlsen, Brose, Miele und die Deutsche Vermögensberatung.
Bayerische Arbeitgeber: "Das widerspricht unserer Wertekultur"
Kritik an der Aufgabe der Brandmauer kommt daher nicht nur aus der Politik, sondern auch von anderen Vertretern aus der Wirtschaft. Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), sagt etwa der AZ: "Die Position der vbw ist ganz klar: Als Wirtschaftsverband setzen wir uns mit niemandem an den Tisch, der rechte Parolen propagiert und vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Das widerspricht unserer Wertekultur."

Er befürchtet, dass mit der AfD wirtschaftspolitisch ein Rückfall in nationalstaatliches Denken sowie Propaganda gegen die EU und den Euro drohe. "Das Wirken der AfD beschädigt den Standort Bayern und Deutschland", sagt Brossardt.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Bayern nennt den Schritt des Verbands, die Brandmauer einzureißen, einen "Dammbruch". DGB-Bayern-Chef Bernhard Stiedl sagt der AZ: "Damit treibt der Verband die Normalisierung einer gesichert rechtsextremen Partei voran."
Die Behauptung, man wolle die AfD politisch stellen, sei eine durchschaubare Ausrede für empörenden Opportunismus und das Aufweichen demokratischer Prinzipien. Stiedl sagt: "Als DGB Bayern fordern wir von allen Wirtschaftsverbänden ein klares Bekenntnis zu einer wehrhaften Demokratie."
AfD: "Angekommen in der Welt der Unternehmen"
Die AfD freut sich unterdessen über den Vorstoß der Familienunternehmer. Der wirtschaftspolitische Sprecher Leif-Erik Holm - der vom Verband Anfang Oktober zu einem "Parlamentarischen Abend" eingeladen worden war – sagt, er fühle sich nun "angekommen in der Welt der Unternehmen."
Bernd Baumann, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, zeigt sich zuversichtlich, dass die Brandmauer langsam zu bröckeln beginne. Ihm zufolge gibt es immer mehr Kontakte und Verbände, die Gesprächskanäle suchen.
Gerade die Unternehmer wüssten, "wie wir gegen die Wand fahren". Weiter sagt Baumann: "Und von daher bricht die Brandmauer in immer weiteren Teilen der Republik. Da sind die Familienunternehmer, die es öffentlich gemacht haben, nur ein Teil."
