Ein «selbstbewusstes und mutiges» Manifest

«Sozial und demokratisch. Anpacken für Deutschland», so heißt das Wahlprogramm der SPD. Mit neuen Steuerplänen soll ein gerechterer Lastenausgleich erreicht werden. Eine stärkere Belastung hoher Einkommen sei «gerecht und angemessen».
Die SPD rüstet sich für die Bundestagswahl in fünf Monaten. Am Samstag berieten in Berlin Parteirat, Vorstand und Fraktionsspitze über das Wahlprogramm. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier lobte das Manifest als selbstbewusst und mutig. Vize-Parteichefin Andrea Nahles verteidigte die Pläne für eine höhere Reichensteuer und eine Börsenumsatzsteuer.
Die SPD wolle einen gerechten Lastenausgleich. Gutverdiener und Vermögende müssten daher größere Teile der Kosten aus der Finanzkrise tragen, sagte Nahles. «Das ist gerecht und angemessen», betonte die Bundestagsabgeordnete. Union uns FDP hatten die Steuerpläne der Sozilademokraten hart kritisiert.
«Stärkere Schultern müssen etwas mehr tragen»
Auch Steinmeier wies die Kritik zurück. «Wir sagen: Stärkere Schultern müssen etwas mehr tragen - gerade in der Krise», sagte der Vizekanzler dem «Focus». «Wer jetzt riesenhafte Steuersenkungen verspricht, veräppelt die Leute. Das ist unverantwortlich.» Steinmeier verwies auf die ebenfalls geplante Entlastung geringer Einkommen. «Wir entlasten die Mitte durch die Senkung des Eingangssteuersatzes. Und durch mehr Investitionen in die Bildung ihrer Kinder», sagte der Außenminister.
Westerwelle lehnt eine «Ampelkoalition» ab
Dem Programmentwurf zufolge will die SPD nach der Bundestagswahl am 27. September den Eingangssteuersatz deutlich von aktuell 14 auf 10 Prozent senken. Davon sollen rund 25 Millionen Menschen profitieren. FDP-Chef Guido Westerwelle bekräftigte mit Blick auf das Steuerkonzept der SPD jedoch seine ablehnende Haltung zu einer Ampelkoalition mit Sozialdemokraten und Grünen. Er sagte der «Bild»-Zeitung: «Auf dieser Grundlage kann es keine Zusammenarbeit geben.» Die SPD wolle vor allem die Mittelschicht weiter schröpfen. Nahles äußerte sich ablehnend zu Forderungen einiger SPD-Finanzpolitiker, die Vermögensteuer wieder einzuführen. «Wir werden nicht 20 neue Steuern diskutieren. Es geht darum, dass Vermögen einen gerechten Beitrag leisten. Und wie wir das machen, ist mir eigentlich egal - Hauptsache, wir machen das», sagte Nahles.
Streit um Vermögenssteuer
Hingegen erneuerte der Finanzexperte Joachim Poß die Forderung. «Es gibt gute Gründe, in einer reformierten sozialen Marktwirtschaft eine Vermögensteuer zu haben, so wie in anderen Ländern auch», sagte der Abgeordnete. Gerade in der Krise müssten sich höchste Vermögen an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen.
Im Wahlprogramm mit dem Titel «Sozial und demokratisch. Anpacken für Deutschland» wird betont, dass die SPD eine Neuauflage der Großen Koalition nicht anstrebt. Sollte es für ein rot-grünes Bündnis nicht reichen, wollen sie die FDP als dritten Regierungspartner gewinnen. Ein Bündnis mit den Linken wird für die kommende Legislaturperiode kategorisch ausgeschlossen, ebenso eine Minderheitsregierung unter Duldung der Linken. Zentrale Eckpunkte sind bereits bekannt. Dazu gehört die Forderung nach einer höheren Einkommensteuer für Spitzenverdiener. Der Spitzensteuersatz soll bereits ab einem Einkommen von 125.000 Euro für Alleinstehende und 250.000 für Verheiratete erhoben werden und von 45 auf 47 Prozent steigen. Mit den Einnahmen wollen die Sozialdemokraten zusätzliche Bildungsausgaben finanzieren.
Leistungsträger in Deutschland nicht erwünscht
Breit debattiert wurde auch der Vorschlag, Arbeitnehmer mit einem Lohnsteuer-Bonus von 300 Euro dazu zu bewegen, freiwillig auf eine Steuererklärung zu verzichten. Eine Börsenumsatzsteuer soll zudem kurzfristige Spekulationen eindämmen. CDU-Vize Roland Koch sagte dem «Tagesspiegel», mit der geplanten Erhöhung der Reichensteuer schüre die SPD gezielt eine Neiddebatte. Das Signal an die Leistungsträger sei verheerend: «Es lautet: Ihr seid in Deutschland nicht erwünscht.» Ebenfalls im SPD-Programmentwurf festgeschrieben wird der Verzicht auf eine Privatisierung der Bahn AG und der komplette Atomausstieg bis zum Jahr 2021. Zudem setzt sich die SPD für Volksbegehren und Volksentscheide auch auf Bundesebene ein. Auch ein Verbot der rechtsextremistischen NPD wird angestrebt. Die SPD möchte zudem nach der Wahl Kindern ab dem ersten Lebensjahr das Recht auf Ganztagsbetreuung einräumen. Zudem sollen alle Jugendlichen einen Schulabschluss und Bildungsabschluss haben. Die Zahl von jährlich 80.000 Schulabbrechern soll pro Jahr um mindestens zehn Prozent gesenkt werden. Über das 56 Seiten starke Manifest muss am 14. Juni noch ein Bundesparteitag abstimmen. (AP)