Der Krimi um den Präsidenten
Kein Happy End für Bundeskanzlerin Angela Merkel. Nach langem Poker kann sie ihre Vorstellungen nicht durchsetzen. Christian Wulff bleibt locker und plant schon für den Umzug.
War’s ein Sieg oder eine Niederlage? Hat Bundeskanzlerin Angela Merkel jetzt ein Problem weniger oder ein paar neue mehr – nach der Kür von Christian Wulff zum aussichtsreichsten Kandidaten für das Bundespräsidenten-Amt kämpfen Hilfstruppen und Kritiker der Kanzlerin um die Deutungshoheit. Es mehren sich die Anzeichen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel wieder ein Stück Macht verloren hat.
Locker, gelöst, entspannt war nur Christian Wulff (50). Wie es in seinem Terminkalender stand, vertrat er Niedersachsen in der Freitagssitzung im Bundesrat. Er werde sein Haus in Niedersachsen behalten, verriet er seiner Sitznachbarin, um auch mal als Bundespräsident „immer mal wieder Abstand halten zu können“. Wulff strebt einen reibungslosen Übergang von der Leine an die Spree an, für die „Geburtshelfer“ in der Regierung war der Wechsel alles andere als glatt.
Noch immer gibt es kein Wort von Ursula von der Leyen, weder des Glückwunschs noch der Erklärung für ihre Rolle. Bis Mittwoch Mittag galt die Arbeitsministerin als Favoritin der Kanzlerin, zwei Tage blieben die Gerüchte undementiert, dann zauberte Merkel Wulff aus dem Hut. Wie kam’s , was hat von der Leyen verhindert?
Die FAZ berichtet, die Konservativen in der Union hätten von der Leyen aus dem Kabinett ins Schloss Bellevue komplimentieren wollen. Aber Merkel habe befürchtet, dass Roland Koch in diesem Fall den Rücktritt vom Rücktritt erwäge und ins Kabinett strebe – für Merkel ein Horror-Vorstellung.
Genau andersherum erklärt es der FDP-Politiker Jorgis Chatzimarkakis. „Einige Herren in der CDU“ hätten einen Aufstand gegen von der Leyen inszeniert, weil ihnen „zwei protestantische Damen“ aus dem Norden an der Staatsspitze unerträglich gewesen seien, sagte der Liberale.
Aus dem Süden gibt es aber auch Bedauern: „Ich hätte es als großartiges Signal gesehen, wenn wird neben der Bundeskanzlerin auch eine Bundespräsidentin gehabt hätte, sagte CSU-Vize-Generalsekretärin Dorothee Bär. Von der Leyen wäre von Vorteil gewesen, weil sie damit den NRW-Verlierer Jürgen Rüttgers ins Arbeitsministerium nach Berlin hätte holen und so die SPD in NRW in eine Koalition mit der Union hätte zwingen können.
Doch Merkel scheute wohl eine Kabinettsumbildung, die neue Begehrlichkeiten auch bei andere CDU-Promis geweckt hätten (Ihr Vertrauter Ronald Pofalla will auch Minister werden). Außerdem musste sie den Ehrgeiz und den Groll Wulffs fürchten, den sie in Bellevue als Konkurrenten entsorgt hätte.
Fraglich ist nur, wie der neue Mann sich dort verhält – wenn er denn gewählt wird. Wulff, der seit sieben Jahren präsidial regiert, hat den präsidialen, heißt: entscheidungsscheuen Führungsstil der Kanzlerin mehrmals kritisiert. Das könnte er im Fall seiner Wahl mit dem Gewicht des Wortes des Staatsoberhaupts, häufiger tun.
Den Weg ins Bundeskabinett hat Wulff mehrmals mit dem Hinweis abgelehnt, Bundeskanzlerin Angela Merkel dulde keine kreativen Mitspieler neben sich. Außerdem scheue das CDU-Präsidium unter Merkels Leitung jede Diskussion mit offenem Ergebnis.
Auch handwerkliche Mängel bei Gesetzen dürften wie bei Horst Köhler bei Wulff ungnädig durchfallen. Eingeengt durch Sachzwänge hat Merkel einen Kritiker befördert, der ihr noch reichlich Ärger machen könnte mm.