Bundestagswahl 2017: Flüchtlinge und Euro-Zone - Zeit zum Anpacken
Berlin - Nicht nur die Deutschen schauen mit Spannung darauf, wer nach Sonntag die neue Regierung bilden wird. Auch Frankreich oder Griechenland können kaum erwarten, dass die Wahl vorbei ist.
Ähnlich geht es vielen Flüchtlingen, die darauf warten, ihre Familie nachholen zu dürfen. Die Bundesregierung hat in den vergangenen Monaten in einigen Bereichen, die diese Menschen betreffen, auf die Pausetaste gedrückt. Einiges spricht dafür, dass die Regierungsparteien unpopuläre Entscheidungen auf die lange Bank geschoben haben – damit dürfte bald Schluss sein:
Flüchtlinge & Illegale Migration
Die Groko hatte erst versucht, das Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Inzwischen ist es mit Macht zurückgekehrt. Zwar versuchen immer noch viele Flüchtlinge, mit Booten über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Doch der Andrang hat nachgelassen. Ursache dafür ist ein Bündel von Maßnahmen – etwa das EU-Türkei-Abkommen, die Schließung der Balkanroute und die Kooperation Italiens mit mehr oder weniger vertrauenswürdigen Gruppen in Libyen. Allerdings ist zu vermuten, dass sich die Schlepper nach einer Weile auf die neue Situation einstellen. Über das Schwarze Meer kommen seit Wochen neuerdings mehr Flüchtlinge nach Rumänien.
Überschuldete Euro-Staaten
Griechenland hätte von Rot-Rot-Grün womöglich mehr zu erwarten – SPD und Grüne sind für Schuldenerleichterungen. Die Linke fordert einen Schuldenschnitt ohne Austritt aus der Währungsunion. Da es aber nach einer weiteren Regierung unter Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aussieht, setzen die Griechen nach der Wahl nun eher auf weitere Schuldenerleichterungen. Nur eine Sorge hat Athen: eine Regierungsbeteiligung der FDP. Denn die will, dass Griechenland die Währungsunion verlässt.
Italien wird von einigen Beobachtern unterstellt, es habe die Flüchtlinge als Druckmittel benutzt, etwa um eine lockere Schuldenpolitik durchzusetzen oder um die Erlaubnis zur Rettung maroder Banken zu erhalten. Dass Italien mehr europäische Solidarität fordert, ist verständlich. Von den 125 000 Geflüchteten, die in den ersten acht Monaten 2017 über das Mittelmeer kamen, landeten etwa 100 000 in Italien.
Familiennachzug
Um die Ankunft neuer Flüchtlinge zu bremsen, hat Berlin an Stellschrauben gedreht. Dazu gehört der Familiennachzug. Unter Hinweis auf Versorgungsengpässe wurde erst die Familienzusammenführung für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus für zwei Jahre ausgesetzt. Dann schob das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge immer mehr Antragsteller in diese Kategorie – auch viele Asylbewerber aus dem Kriegsland Syrien. Kurz vor der Wahl lancieren jetzt einzelne Politiker von CSU und CDU die Idee, die Flüchtlinge noch einmal zu vertrösten. Sie fordern, den Familiennachzug über März 2018 hinaus auszusetzen. Für die Betroffenen wäre das brutal. Merkel sagt: Darüber sprechen wir Anfang 2018 – also nach der Wahl.
Euro-Zone
"Eine volle europäische Tagesordnung für die nächste Regierung" – das schreibt die Deutsche Bank in einer Analyse. Zu denen, die nach der Wahl Druck machen wollen, zählt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Er drängt darauf, die Euro-Staaten enger aneinanderzubinden.
Macron aber hat laut Zeitung "Le Monde" Angst vor Schwarz-Gelb. "Wenn Merkel sich mit den Liberalen verbündet, bin ich tot", soll Macron gesagt haben. Die Befürchtung: Nach der Absage führender FDP-Politiker an eine Reform der Euro-Zone werde Macron in Brüssel auf Granit beißen. Denn FDP-Chef Christian Lindner habe alles abgelehnt, was man in Paris haben will: ein eigenes Budget und einen eigenen Haushalt von Hunderten Milliarden Euro für die Euro-Zone.
Merkel ist nicht grundsätzlich dagegen, tritt aber auf die Bremse. Vielleicht auch, weil viele Deutsche fürchten, der Steuerzahler könnte irgendwann für die Schulden anderer Euro-Staaten haften.
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