Bald erste Sperren für Kinderporno-Seiten
BERLIN - Wenn alles klappt, werden am Freitag alle großen Internet-Provider Sperrlisten vom BKA in Empfang nehmen. Am Mittwoch darauf könnte schon ein entsprechendes Gesetz vom Bundeskabinett beschlossen werden.
Die Internet-Sperren für Kinderpornografie könnten jetzt schneller kommen als erwartet. An diesem Freitag will das Bundeskriminalamt mit großen Internet-Anbietern dazu Verträge abschließen. Erste Sperren könnten damit schon bald greifen. Voraussichtlich am Mittwoch kommender Woche wird das Bundeskabinett das Gesetz dazu auf den Weg bringen, mit dem dann langfristig die Sperren im Web für alle Provider geregelt werden.
Das Geschäft mit sexueller Gewalt gegen Kinder wird damit keineswegs beendet. Aber für viele tausend Menschen, die täglich auf der Suche nach Kinderpornos im Internet unterwegs sind, wird der Zugang erschwert. «Das ist nur ein Baustein bei der Bekämpfung der Kinderpornografie», sagen auch die Experten im Familienministerium von Ursula von der Leyen (CDU).
Fünf Internet-Anbieter, die 75 Prozent des Marktes bedienen, werden die Verträge mit dem BKA wohl unterzeichnen. Die Deutsche Telekom, Vodafone/Arcor, Alice/Hansenet, Kabel Deutschland und Telefonica/O2 verpflichten sich damit, die vom BKA täglich aktualisierten Listen mit etwa 1000 Internet-Seiten mit Kinderpornos zu sperren. Wer auf diese Seiten kommt, sieht dann ein standardisiertes Stopp-Schild. Technisch ist das kein Problem. Die Provider selbst sorgen dafür, dass die Seiten gesperrt werden. Die Kosten sind überschaubar.
Erfahrungen aus Skandinavien
Die Haftung für Fehlsperren - wenn also keine Porno-Seite, sondern aus Versehen ein völlig legaler Internet-Anbieter blockiert wird - übernimmt das BKA. Experten erwarten aber auch hier keine großen Probleme. In skandinavischen Ländern, wo es seit fünf Jahren auch für weniger harte Kinderpornografie Sperren gibt, gab es bislang zwar hier und da Beschwerden, aber keine einzige Klage. Dabei sind die Datenmengen, die in Deutschland überprüft werden müssen, gewaltig. Nach Schätzungen gibt es bis zu 450.000 einzelne Seiten mit kinderpornografischem Inhalt, die täglich angeklickt werden. Die Zahl der Anbieter steigt sprunghaft um bis zu über 110 Prozent im vergangenen Jahr. Einzelne Seiten, die das BKA unter Kontrolle hat, werden bis zu 50.000 Mal im Monat geladen. Die Opfer dieses Millionen-Geschäfts sind immer jünger. 80 Prozent sind unter zehn Jahre alt, 33 Prozent unter drei und zehn Prozent unter zwei.
Bedenken der Datenschützer
Doch es gibt auch Bedenken der Datenschützer gegen eine massive Durchforstung des Internets. Experten befürchten, dass die neuen Stopp-Schilder gewissermaßen ein Einfallsfallstor für staatliche Kontrollen im privaten Internet-Verkehr schaffen. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) teilte die Sorge, dass «auch die Kommunikation von Millionen völlig unbescholtener Internetbenutzer gefiltert werden» könnte. Sie hatte deshalb eine klare gesetzliche Grundlage verlangt. Die wird es jetzt auch geben. Außerdem sei es selbst für Laien recht einfach, eine Internetsperre zu umgehen. Durch kleine, regelmäßige Änderungen der Internet-Adresse könnte ein Anbieter den Filter austricksen. Wenn ein Website-Betreiber für die Übersetzung seiner Domain in die entsprechende IP-Adresse alternativ einen Dienst wie OpenDNS statt den Server seines Providers verwendet, kann er die Sperre ebenfalls überwinden. OpenDNS lehnt Blockaden einzelner Seiten prinzipiell ab. Vielfach werden kinderpornografische Dateien aber ohnehin über private Netzwerke mit wechselnden IP-Adressen ausgetauscht, bei denen ein Filter nichts ausrichten kann.
Für von der Leyen ist die Bekämpfung der Gewalt gegen Kinder im Internet die letzte große Reform aus ihrem Haus vor der Bundestagswahl. Widerstand, den es dagegen aus der SPD gab, ist inzwischen weitgehend verstummt. Grüne, FDP und Linke sind skeptisch, ob von der Leyens Initiative wirksam ist. Ob sie dagegen votieren, ist noch offen. So stehen die Chancen inzwischen gut, dass das Gesetz gegen Kinderpornografie im Web bis zum Herbst nicht Opfer des Wahlkampfs wird, sondern in Kraft tritt. (dpa/nz)