Aufstocker-Zahl steigt: Immer mehr Minijobber erhalten zusätzlich Bürgergeld

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Nach zehn Jahren sinkender Zahlen brauchen in Deutschland erstmals wieder mehr Menschen Bürgergeld ergänzend zu ihrem Einkommen, um über die Runden zu kommen.
Derzeit gibt es nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit 826.000 sogenannte Aufstocker, darunter viele Mini- und Teilzeitjobber. Nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns 2015 sank ihre Zahl von gut 1,2 Millionen auf 800.000 kontinuierlich. Diese Entwicklung hat sich wieder umgekehrt.
Der Trend ist politisch brisant, weil die Union die Bürgergeld-Kosten senken will und davon möglicherweise zehntausende Menschen betroffen sind, die das Geld dringend zum Leben brauchen.
Schlagabtausch zwischen Union und Linkspartei
CDU und CSU wollen erreichen, dass weniger Menschen im "Bürgergeldbezug" sind. Der Name soll ganz entfallen, stattdessen wieder von einer Grundsicherung die Rede sein. Der Koalitionspartner SPD warnt vor diesem Hintergrund vor pauschalen Annahmen und mahnt Augenmaß an.
Die Zahl der Aufstocker geht vor allem wegen des Anstiegs der Lebenshaltungskosten in die Höhe. Der Lohn hält dieser Entwicklung oft nicht Stand, der Staat muss Geld zuschießen.
Die Linke im Bundestag warf Kanzler Friedrich Merz in diesem Zusammenhang vor, ein "seltsames Menschenbild" zu haben. Der CDU-Chef tritt für Kürzungen beim Bürgergeld ein.
Linken-Fraktionschef Sören Pellmann kommentierte das ironisch mit den Worten: "Glaubt Merz im Ernst, dass das Problem Bürgergeldbeziehende seien, die unter der permanenten Durchleuchtung durch die Ämter glücklich vor sich hinleben?"
Ukrainer im Bürgergeld: Das soll sich ändern
Einen Beitrag zur Kostenminimierung beim Bürgergeld soll außerdem ein sogenannter Rechtskreiswechsel bei Geflüchteten aus der Ukraine leisten. Sie bekommen derzeit Bürgergeld, damit soll aber dieses Jahr Schluss sein.
Das Bundesarbeitsministerium will nach Informationen der AZ noch in diesem Sommer einen Gesetzentwurf ins Kabinett einbringen, demzufolge alle neu ankommenden Geflüchteten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten.
Es droht ein neuer Konflikt
Der Schritt war schon länger geplant, wurde bisher aber nicht umgesetzt. Die Kosten gehen damit vom Bund auf die Länder über, werden also nur auf eine andere staatliche Ebene verschoben. Die Länder wehren sich gegen die Mehrbelastung in Milliardenhöhe.
Wie dieser Konflikt beigelegt wird, ist derzeit noch offen. Höhere Kosten entstehen den Kommunen auch, weil die Flüchtlinge nicht mehr von den Jobcentern betreut würden.