Kommentar

Aiwangers Auftritt bei Lanz: Ein Publicity-Schub mit Kollateralschäden

Hubert Aiwanger sorgte in den vergangenen Wochen mit umstrittenen Aussagen für reichlich Aufsehen. Auch am Dienstagabend im TV-Talk von Markus Lanz hielt er sich mit seiner Meinung nicht zurück.
Ralf Müller |
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Hubert Aiwanger von den Freien Wählern war am Dienstagabend bei Markus Lanz zu Gast – und polarisierte mit seinem Auftritt.
Hubert Aiwanger von den Freien Wählern war am Dienstagabend bei Markus Lanz zu Gast – und polarisierte mit seinem Auftritt. © AZ-Screenshot: ZDF

Hubert Aiwanger, stellvertretender bayerischer Ministerpräsident, Vorsitzender und Spitzenkandidat der Freien Wähler, hat es geschafft. Der 52-jährige Landwirt aus Niederbayern war am Dienstagabend Gast in der nationalen ZDF-Talkshow von Markus Lanz und sorgte dafür, dass es nicht langweilig wurde, auch wenn Politikwissenschaftlerin Ursula Münch erkennbar arge Probleme mit seiner Interpretation der Fakten hatte.

Schon immer wird Aiwanger von der Sorge umgetrieben, seine Freien Wähler seien einfach nicht bekannt und profiliert genug. Mit glatt gebügelten Worthülsen und wohlfeilen Sprechblasen lässt sich so etwas nicht ändern, wohl aber durch gelegentliche Verstöße gegen politische Correctness und Austesten der Grenzen des gerade noch Sagbaren.

Hubert Aiwanger (r.) im hitzigen Dialog mit Moderator Markus Lanz.
Hubert Aiwanger (r.) im hitzigen Dialog mit Moderator Markus Lanz. © AZ-Screenshot: ZDF

Mit der Forderung an die "schweigende Mehrheit", sich die Demokratie "zurückzuholen", bestimmt Aiwanger nun schon seit drei Wochen Teile der öffentlichen Debatte über Bayern hinaus. Dass dabei Kollateralschäden an der Demokratie entstehen, glaubt Aiwanger nicht oder er nimmt es ein Stück weit billigend in Kauf.

Nicht-Bayern und die Faszination an Aiwanger

Der Niederbayer ist sicher kein Extremist, dass er – wie er selbst sagt – "einer der wackersten Kämpfer für die Demokratie" ist, würden aber nicht alle seiner Parteigänger so einfach unterschreiben. Es ist ein Phänomen, dass ausgerechnet eine so kreuzbrave bürgerliche Partei wie die Freien Wähler einen so unangepassten Vorsitzenden hat. Doch der Erfolg zählt: Aiwanger war es, der nach vielen Jahren vergeblicher Anläufe die Freien Wähler in Bayern in den Landtag führte. Jetzt will er dasselbe auch auf Bundesebene erreichen.

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Publizistische "Kracher" wie auch sein demonstratives Fremdeln mit der Corona-Impfung haben ihm einen gewissen Bekanntheitsgrad auf Bundesebene verschafft. Unterstützend ^für das Interesse von Nicht-Bayern an seiner Person wirkt sicherlich das dunkle "A" in Aiwangers Dialekt.

Aiwanger hat Söder mit seinen Äußerungen einen Gefallen getan

Regierungschef Markus Söder (CSU) geht mit seinem Stellvertreter in einer Art genervter Amüsiertheit um. Gezielt lässt Söder immer mal wieder durchblicken, dass er seinen Vize nicht ganz ernst nimmt. Andererseits ist Söder von Aiwanger abhängig: Würden Aiwangers Freie Wähler der CSU die Freundschaft kündigen, müsste er nach der Landtagswahl im Oktober mit einer der Parteien koalieren, die an der herzlich ungeliebten Berliner Ampel beteiligt sind. Aiwanger wegen seiner Eskapaden zu entlassen kommt daher nicht in Frage.

Eigentlich hat Aiwanger dem CSU-Chef durch seine jüngsten Äußerungen einen Gefallen getan. Söder hat die Gelegenheit genutzt, sich als korrekte Variante des Konservatismus gegenüber dem freien Radikalen Aiwanger abzugrenzen. Aiwanger werde das nicht wiederholen, gab sich Söder am Dienstagabend im TV zuversichtlich während Aiwanger auf einem anderen Kanal verkündete: "Wir müssen uns die Demokratie zurückholen, indem wir das (Heizungs-) Gesetz ändern wollen, im Sinne der Bevölkerung."

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  • Geradeaus-Denker am 07.07.2023 20:18 Uhr / Bewertung:

    Ich schäme mich inzwischen fremd für unsere bayerische Staatsregierung. Keine konstruktiven Vorschläge. Gegen alle, was die rot-grüngelbe Regierung In Berlin unternimmt. Und dann noch beleidigt sein, weil die auch noch einfach ohne CSU-Beteiligung regieren. Bauern könnte es besser machen als "die in Berlin". Söder könnte zeigen, dass er der bessere Kanzler gewesen wäre. Indem er es in Bayern vormacht. Stattdessen gibt er die beleidigte Leberwurst. Und beweist so, dass es richtig war ihn nicht zu Kanzler aufzustellen. Und Merz? Der meint auch er kann mit beleidigt sein und Blockade beweisen, dass er der bessere Kanzler wäre. Wie soll ich seine Kanzler-Fähigkeiten da erkennen.

  • Noredundgreen13 am 07.07.2023 22:06 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Geradeaus-Denker

    Haben Sie in Ihrem langen Text das Wort „regieren“ in Zusammenhang mit der Ampel, erwähnt?
    Und das mit dem Blockieren sollten Sie nochmals überlegen, wer da genau wen blockiert. Ich empfinde es eher so, dass sich die Ampel gegenseitig blockiert!

  • Geradeaus-Denker am 07.07.2023 22:53 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Noredundgreen13

    Ja ich habe regieren gesagt. Und ich meine es auch genau so! damit Initiativen und Gesetze. Z.b. Atomkraftwerke endlich und wirklich abgeschaltet. Gasversorgung im letzten Winter unter schwierigen Bedingungen gesichert. Rafinerie und Gasspeicher von Russischen Eigentümern zurückgeholt. Benzinpreis und Heizkostenbremse Strompreisbremse, Strassenverkehrsgesetz, Bundeswehrsanierungauf den Weg gebracht, Solarenergie vereinfacht ...
    So viel hat die Regierung Merkel in 16 Jahren nicht hinbekommen. Nur den Klima - Vertrag unterzeichnet. Und dann die Brückentechnologie in die Abhängigkeit von Putin vorangetrieben.
    Dass es bei so viel Aktivität in einem Land im Mutti-Dauer-Dämmer-Schlaf trifft ist klar. Finde ich aber deutlich besser als weiterzuschlafen.
    Und jetzt bitte FAKTEN dagegen!

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