Streit um Konsequenzen aus Fall Kachelmann

Nach dem Kachelmann-Prozess wollen Rechtsexperten der Union die Berichterstattung über Vergewaltigungsprozesse beschränken.  
dpa |
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Nach dem Kachelmann-Prozess wollen Rechtsexperten der Union die Berichterstattung über Vergewaltigungsprozesse beschränken.

Berlin - Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und der Unions-Koalitionspartner FDP sind dagegen.

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Siegfried Kauder (CDU), sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch): "Es darf nicht sein, dass die Intimsphäre der Betroffenen bis in den letzten Winkel in aller Öffentlichkeit ausgebreitet wird." Die Medien müssten verpflichtet werden, nicht über Aussagen zu berichten, die vor Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit gemacht würden. "Was hilft es dem Opfer einer Vergewaltigung, dass es sich hinter verschlossenen Türen dem Gericht anvertrauen kann, wenn sämtliche Aussagedetails später doch in der Zeitung stehen?", sagte Kauder.

Auch CSU-Rechtsexperte Norbert Geis forderte einen "Ehrenkodex, mit dem sich die Branche verpflichtet, weitaus zurückhaltender über Prozesse wegen sexueller Gewalt zu berichten". Kauder schlug vor, strengere Auflagen für die Berichterstattung über Sexualdelikte notfalls gesetzlich zu regeln, "soweit die Medien sich nicht zu einer überzeugenden Selbstverpflichtung bereiterklären".

Dies lehnt der DJV kategorisch ab. Der Pressekodex des Deutschen Presserates ziehe hier schon eindeutige Grenzen, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken am Mittwoch. "Der Schutz der Privatsphäre von Opfern wie auch von Zeugen hat Vorrang vor der Berichterstattung", sagte er. "Diese Selbstverpflichtung der Medien macht gesetzliche Regelungen überflüssig (...) Rechtspolitiker sollten sich erst mit der Sachlage vertraut machen, bevor sie die Pressefreiheit in Teilen zur Disposition stellen." Außerdem sei es verfassungswidrig, die Berichterstattung per Gesetz einzuschränken.

Der DJV-Landesverband Brandenburg sprach sich dafür aus, nach den Erfahrungen des Kachelmann-Prozesses den Pressekodex um einen Passus zu erweitern. "Medien dürfen Verfahrensbeteiligten in Gerichtsverfahren keinerlei Vergünstigungen oder Geld vor Ende ihrer Teilnahme am Verfahren anbieten", zitierte der Geschäftsführer Klaus Minhardt den in einer Vorstandssitzung beschlossenen Passus. "Über Zeugen und deren Äußerungen darf erst nach deren Anhörung vor Gericht berichtet werden", heißt es weiter. Somit soll verhindert werden, dass Zeugen vorab in Interviews Auskunft geben.

Die FDP stellte sich ebenfalls gegen die Kauder-Forderung. Eine gesetzliche Einschränkung der Berichterstattung bezeichnete der liberale Innen- und Rechtspolitiker Hartfrid Wolff als "absurd". Der Opferschutz sei schon jetzt Aufgabe des Gerichts und habe Vorrang vor der Berichterstattung. "Eine weitergehende Einschränkung der Pressefreiheit ist mit der FDP-Bundestagsfraktion nicht zu machen", sagte Wolff.

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