Weniger Autos, mehr Fußgänger: Hier soll die Münchner Innenstadt grüner werden

Mehr Boulevards ohne Autos, einen Platz zum Feiern an der Isar und mehr Bäume schlägt eine neue Studie zu Freiräumen vor. Diese Ideen will der Stadtrat zuerst umsetzen.
Autorenprofilbild Christina Hertel
Christina Hertel
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
56  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Mehr Platz fürs Rad, mehr Platz für Fußgänger. So könnte die Sonnenstraße einmal aussehen.
Mehr Platz fürs Rad, mehr Platz für Fußgänger. So könnte die Sonnenstraße einmal aussehen. © Grüne

München - Die Münchner Altstadt bestand nicht schon immer praktisch bloß aus Stein: Vor gut 500 Jahren hatte jedes zweite Haus rund um die heutige Fußgängerzone einen Garten, auf der heute so hektischen Sonnenstraße konnten früher Kinder zwischen Bäumen spielen und auf der Maximilianstraße wuchs eine Allee. Und so ähnlich wie damals könnte es wieder werden.

Sonnenstraße: Autos nur noch auf einer Straßenseite

Denn am Mittwoch beschloss der Stadtrat, den Vorschlägen einer Studie für mehr Grün in der Innenstadt zu folgen. Der Schwerpunkt liegt zunächst auf dem Tal, der Sonnenstraße und der Herzog-Wilhelm-Straße. Und es sind weitere Projekte geplant.

Die Sonnenstraße war bis in die 1930er Jahre hinein eine grüne Flaniermeile – und das soll sie wieder werden. Schon länger geistert die Idee eines "Boulevard Sonnenstraße" herum, bei dem auf der Seite Richtung Altstadt gar keine Autos mehr fahren. Dieses Ziel will die Stadt konkreter verfolgen.

Die Münchner Idee eines Central Parks

Zunächst soll ein Büro mit temporären Aktionen zeigen, welche Qualitäten ein solcher Boulevard bieten könnte. Die Stadt stellt dafür 70.000 Euro zur Verfügung.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Die Idee eines Central Parks, also einer Grünfläche in der Mitte der Straße, die der Bund Naturschutz aufbrachte, soll zwar mit einfließen. Aber Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher macht keine großen Hoffnungen. Schließlich müssten dafür Tramgleise verlegt werden. Und das sei aufwendig.

Herzog-Wilhelm-Park: Ein neuer Stadtbach

In der Herzog-Wilhelm-Straße floss einst ein Bach. Diesen will die Stadt wieder an die Oberfläche holen. Außerdem will sie den Herzog-Wilhelm-Park vergrößern und den Autoverkehr zurückdrängen. Ein Landschaftsarchitekturbüro soll nun eine Machbarkeitsstudie erarbeiten. Die Stadt will auch dafür 70.000 Euro ausgeben.

Das Tal soll zur Fußgängerzone werden – auch diesen Plan verfolgt die Stadt schon länger. Neu ist, dass auch Straßen am Isartor zurückgebaut werden sollen. Denkbar sind eine Entsiegelung und eine Aufwertung der Grünflächen. Fußgänger sollen leichter über die Straße kommen. Zuerst soll ein Konzept erstellt werden.

Treppen an der Isar

Auch die Isar könnte sich verändern. Das Freiraumquartierskonzept schlägt vor, im Bereich vor den Patentämtern an der Erhardtstraße mehr Aufenthaltsqualität durch eine "Isartreppe" zu schaffen. Da in diesem Bereich keine Anwohner leben, eigne er sich für "lärmintensive Freizeitnutzungen wie nächtliches Feiern".

Im Herzog-Wilhelm-Park könnte der Stadtbach wieder freigelegt werden.
Im Herzog-Wilhelm-Park könnte der Stadtbach wieder freigelegt werden. © Patscheider und Partner Oriana Taddeo

Mikroplätze für mehr Aufenthaltsqualität

Nicht nur auf die großen Parks und Boulevards legt die Studie einen Fokus, sondern auch auf sogenannte Mikroplätze. Dahinter steckt die doch recht banale Idee, mehr Bäume und Bänke aufzustellen. Ein paar solcher Plätze gibt es freilich schon. Oftmals sind sie aber so sehr von Straßen umgeben, dass sich nur wenige dort niederlassen. Aufgewertet und neu entstehen könnten solche Mikroplätze am Oberanger, Am Kosttor, an der Pilotystraße, und an der Baaderstraße.

Fußgängerbereiche: Mehr Platz für Fußgänger

77 Mal kann man das Wort "Fußgänger" in der Studie nachlesen. Denn ein Ziel ist, ihnen mehr Platz zu geben - auch abseits der großen Einkaufsmeilen. "Fußgängerbereiche" sollen außerdem zum Beispiel am Färbergraben entstehen sowie an der Brienner Straße, am Amiraplatz/Salvatorplatz, an der Pestalozzistraße und an der Reichenbachstraße. In vielen weiteren Straßen sollen die Fußgängerbereiche gestärkt werden – etwa an der Prälat-Zistl-Straße mit Corneliusstraße (bis Blumenstraße).

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Die Reaktionen der Parteien im Stadtrat

Die Grünen und die SPD halten das Konzept für stimmig. Besonders gefällt Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher, dass damit der Grundstein für einen Boulevard Sonnenstraße gelegt sei. Die SPDlerin Simone Burger hofft, zu erreichen, dass sich nicht nur Touristen in der Altstadt aufhalten. Brigitte Wolf (Linke) plädierte dafür, vor allem die Mikroplätze anzugehen. Sie glaubt, dass sie sich am schnellsten umsetzen lassen.

CSU fordert eine Verkehrsanalyse

CSU und die FDP lehnen das Konzept ab. Bevor der Stadtrat entscheide, Autospuren auf der Sonnenstraße zu reduzieren, brauche es eine Verkehrsanalyse, sagte Alexander Reissl (CSU). "Ich habe den Eindruck, dass der Autoverkehr eher zu- als abnimmt." FDP-Chef Jörg Hoffmann bezeichnete das Konzept als viel zu ideologisch.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
56 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Der AndiChrist am 05.05.2023 20:39 Uhr / Bewertung:

    Die mobile Zukunft wird auch erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität haben. Durch den Einsatz von selbstfahrenden Autos und Elektromobilität wird der Verkehr leiser und umweltfreundlicher werden, was zu einer Reduzierung von Lärm- und Luftverschmutzung führen wird. Darüber hinaus wird die verbesserte Verkehrsleistung dazu beitragen, dass die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt schneller und effizienter an ihr Ziel kommen, was zu einer höheren Lebensqualität beitragen kann. Allerdings wird die Umstellung auf eine individualisierte Mobilität auch soziale Auswirkungen haben, da viele Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind und sich eine solche Umstellung möglicherweise nicht leisten können. Es ist daher wichtig, dass die Stadt bei der Planung ihrer Verkehrsinfrastruktur auch die Bedürfnisse aller Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt, um eine gerechte und nachhaltige Zukunft zu gewährleisten.

  • Voorentief am 05.05.2023 13:55 Uhr / Bewertung:

    Die Idee dahinter soll ja heißen, dass die Familien mit Kindern, alle Bewohner der Innenstadt dort wie in einem großen Park leben sollen. Gut und schön, aber wer lebt denn in der Innenstadt, wer leistet sich die Wohnungen mit horrenden Mieten?
    Mit Sicherheit keine Paare mit Kindern, keine Rentner, keine Handwerker sondern Juppies mit Doppelverdienst und überdurchschnittlichem Einkommen.
    Überall dort, wo die Wohnqualität zu nimmt, steigen die Preise, wird alles exklusiver.
    Das Prinzip hat schon im Sozialismus nicht funktioniert.
    .

  • Plato's Retreat am 05.05.2023 08:41 Uhr / Bewertung:

    Gibt es für diese "Simulationen" nicht vielleicht doch eine taugliche Computerlösung, um wenigstens die Perspektiven sauber abzubilden? Erwachsene, die kleiner sind als die abgebildeten Kinder - das Bild ist der gleiche Witz wie das Vorhaben an sich.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.