Warten auf die Spritze: München steckt im Impfstau
München - Die Nachricht hatte für Freude, aber auch für Verunsicherung gesorgt: Ab dem 7. Juni, so haben es nicht nur Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), sondern auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt, sollten sich deutschlandweit alle Impfwilligen impfen lassen können - egal, ob sie priorisiert sind oder nicht. In der Praxis wird daraus jedoch erst einmal nichts.
In den bayerischen Hausarztpraxen freilich ist die Priorisierung schon seit Mitte Mai Geschichte. Wer einen Termin ergattert (und das ist je nach gewünschtem Impfstoff einfacher oder schwieriger), bekommt die Spritze, egal ob Prio 1 oder 4.
Priorisierung wird im Impfzentrum München faktisch beibehalten
Nun im Juni sollen auch die Betriebsärzte einsteigen, ohne auf Priorisierungen achten zu müssen. Aber auch Bayerns Impfzentren sollten Termine an alle vergeben können.
Das wurde nun aber kurz vor dem Stichtag gestoppt. Wie das Bayerische Gesundheitsministerium der AZ auf Nachfrage mitteilt, "wird die Priorisierung in den bayerischen Impfzentren voraussichtlich auch über den 7. Juni hinaus faktisch beibehalten", und zwar weil "derzeit noch nicht ausreichend Impfstoff für alle Impfwilligen vorhanden ist".
Tatsächlich hatte der Hersteller Biontech, dessen Impfstoff die größte Säule der deutschen Impfkampagne ist, erst kürzlich wieder Lieferschwierigkeiten angemeldet.
Etwa 81.000 Impfungen pro Woche in München
Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat kürzlich auf den mangelnden Impfstoff hingewiesen: "Seit Monaten operiert unser Impfzentrum gezwungenermaßen auf Sparflamme." Gäbe es genug Impfstoff, könnten, so Reiter, in München durch Haus-, Betriebsärzte und das Impfzentrum täglich 20.000 Impfungen durchgeführt werden. Tatsächlich sind es derzeit nur rund halb so viele.
Betrachtet man die wöchentlich in München verabreichten Dosen im Frühjahr, erkennt man, dass nach einem Schub im April die Zahl der wöchentlichen Impfungen nicht mehr an Fahrt aufgenommen hat. Die Zahl der etwa 81.000 Impfungen pro Woche blieb mit Ausnahme der Woche vom 17. Mai (96.908 Impfungen) in etwa gleich und war zuletzt sogar rückläufig.
Zusätzlich gibt es derzeit eine Verschiebung hin zu den Zweitimpfungen.
31 Prozent der Über-60-Jährigen in Bayern vollständig geimpft
Ohne Stoff also erstmal keine Impfung für alle: Wer im Portal Bayimco registriert ist und einer priorisierten Gruppe (1-3) angehört, kommt im Impfzentrum Riem zuerst dran. Wie die Stadt mitgeteilt hat, werden für das Zentrum in der Messe erst dann Termine für die Allgemeinheit vergeben, "wenn allen dort registrierten Personen der Priorisierungsgruppen 1 bis 3 ein Impfangebot gemacht wurde".
Und das kann noch dauern. Zwar liegen dem Gesundheitsministerium keine Zahlen vor, wie viel Prozent der priorisierten Gruppen schon geimpft sind. Diese Anteile lassen sich nur für Altersgruppen ausweisen (derzeit sind in Bayern 75 Prozent der Über-60-Jährigen einmal und 31 Prozent vollständig geimpft worden).
Allerdings gibt es für Bayern Zahlen darüber, wie viele Menschen bei Bayimco registriert sind, aber noch kein Terminangebot erhalten haben. In der dritten Priorisierungsgruppe sind das immerhin 900.000 Impfwillige.
Derzeit finden nur Zweitimpfungen in Riem statt
Und die werden zumindest in Riem in den nächsten Wochen nicht so schnell dran kommen. Denn auf Anweisung des Gesundheitsministeriums finden an der Messe derzeit nur Zweitimpfungen statt.
Sich auch mit Prio 4 bei Bayimco zu registrieren, kann sich trotzdem auszahlen. Sobald in Riem Gruppe 1 bis 3 geimpft sind, werden Termine an alle Registrierten vergeben - und zwar nach der Reihenfolge der dortigen Anmeldung.