Talent Campus eröffnet: So viel Geld investiert BMW in Aus- und Weiterbildung

40.000 Mitarbeiter sollen im Talent Campus aus- und weitergebildet werden. Die AZ war bei der Eröffnung dabei und hat sich angesehen, wie das gehen soll. Und was der Campus für den Standort München bedeutet.
von  Maximilian Neumair
Der Talent Campus ist BMWs neues Zentrum für Aus- und Weiterbildung - direkt auf dem Werksgelände.
Der Talent Campus ist BMWs neues Zentrum für Aus- und Weiterbildung - direkt auf dem Werksgelände. © BMW Group

In den für BMW charakteristischen marineblauen Overalls stehen die Azubis Marius Mitschka und Sarah Köre vor einem scheinbar halb fertigen Fahrzeug. Sie erklären Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) anhand von LED-Lichtern, die das Auto entlanglaufen, wie der Strom darin fließt – doch normalerweise sind es Auszubildende wie sie, die so was künftig an diesem Ort beigebracht bekommen. Die Rede ist vom Talent Campus, der am Donnerstag offiziell eröffnet worden ist. Direkt angeschlossen ans restliche Werksgelände.

Der Campus soll die Aus- und Weiterbildung, die zuvor über das gesamte Stadtgebiet verteilt war, an einem Ort bündeln. Und steht symbolisch für die Bedeutung, die BMW seinen Mitarbeitern beimisst: "Der wichtigste Erfolgsfaktor in der Produktion sind unsere Menschen", sagt Peter Weber, Werkleiter des Münchner Stammwerks.

Kimmich: "Jeder Arbeitsplatz ist ein Lernplatz"

Um die Transformation hin zur E-Mobilität tragen zu können, brauchen sie die entsprechenden Kompetenzen. Martin Kimmich, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der BMW AG, sagt: "Qualifizierung, Weiterbildung und Chancengleichheit sind die Basis dafür, dass die BMW Group auch morgen erfolgreich bleibt."

Ilka Horstmeier, Vorstandsmitglied (l.), und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hören den Azubis zu.
Ilka Horstmeier, Vorstandsmitglied (l.), und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hören den Azubis zu. © BMW Group

Das will das Unternehmen mit der sogenannten Neuen Klasse schaffen, die im Stammwerk in München ab 2026 von den Produktionsbändern rollt. Ab 2027 soll dort ausschließlich die neue Generation an Stromern produziert werden.Dafür musste etwa das Motorenwerk eingestampft werden, doch die betroffenen 1200 Mitarbeiter wurden allesamt im Unternehmen weitergebildet. Der Talent Campus soll dieses Prinzip weiterführen. "Jeder Arbeitsplatz ist ein Lernplatz", sagt Kimmich.

Dafür hat BMW eigenen Angaben zufolge einen "mittleren zweistelligen Millionenbetrag" in den Bau des Gebäudes investiert. In Aus- und Weiterbildung ist es demnach sogar eine Milliarde Euro in den vergangenen drei Jahren. "Investitionen in Menschen sind die wichtigsten, die ein Unternehmen tätigen kann", so Kimmich.

Campus nah beim Werk: Lerninhalte bleiben praxisnah

Ilka Horstmeier sagt der AZ: "Aus- und Weiterbildung verändert sich kontinuierlich. Wir schauen immer wieder, was sind Ausbildungsberufe, die wir brauchen, wie müssen wir sie anpassen und welche Art von Trainings brauchen wir." Derzeit große Themen sind etwa KI und Digitalisierung, wonach sich der Campus entsprechend ausrichtet. Praktisch ist hierfür die Lage des Campus direkt auf dem Werksgelände. "Das ermöglicht einen Know-how-Austausch zwischen dem, was in der Produktion passiert, und dem, was die jungen Auszubildenden lernen", sagt Horstmeier. Heißt: Die Lerninhalte bleiben so nah an der Praxis.

Der Eingangsbereich des Talent Campus. Auf der breiten Treppe können Mitarbeiter sich hinsetzen.
Der Eingangsbereich des Talent Campus. Auf der breiten Treppe können Mitarbeiter sich hinsetzen.

Wenngleich BMW den Campus als Teil des Werksgeländes sieht, unterscheidet er sich optisch klar. Statt grauer Wände ist dessen Fassade ein Gemisch aus Glas und Holz. Innen sieht es ganz ähnlich aus: Boden, Säulen, Balken, Treppen – alles aus Holz. Und danach riecht es auch im ganzen Gebäude. BMWs Ziel: ein "warmes Raumgefühl", das zu einer "optimierten Lernatmosphäre" für die 40.000 Mitarbeiter am Standort München beiträgt.

Wirtschaftsministerin: "Automobilbranche kämpft mit Standortfaktoren"

Wiederholt betonen Führungskräfte und Pressesprecher von BMW, dass sich das Unternehmen mit dem Campus zur Stadt und auch zum Standort Deutschland bekennt. Das lobt der Münchner Wirtschaftsreferent Christian Scharpf (SPD): "Während andere über Werkschließungen nachdenken, investiert BMW in den Wirtschaftsstandort Deutschland."

Wirtschaftsministerin Reiche sieht darin einen Vertrauensvorschuss, "dass es sich lohnt, Investitionen hierzubehalten". Das sei ein Ansporn, diesen zu rechtfertigen. Denn sie weiß: "Die Automobilbranche kämpft mit Standortfaktoren." Reiche versichert deshalb BMW, dass Deutschland ein Fitnessprogramm vollziehen werde. Das soll unter anderem die Lohnnebenkosten, das Maß an Regulierung, das Innovationen erschwere, und die zu hohen Energiepreise adressieren. "Wir dürfen uns nicht kleinmachen im Wettbewerb mit China und anderen Standorten in der Welt", fordert Reiche.

V.l.: Sarah Köre, Martin Kimmich, Ilka Horstmeier, Katherina Reiche, Christian Scharpf und Marius Mitschka weihen den Campus ein.
V.l.: Sarah Köre, Martin Kimmich, Ilka Horstmeier, Katherina Reiche, Christian Scharpf und Marius Mitschka weihen den Campus ein. © BMW Group

Um die Veränderung voranzutreiben, kommt es auch ihr zufolge auf die Köpfe an. Der Talent Campus symbolisiere das für sie: BMW setze damit konsequent auf das Talent in der eigenen Firma. Diese steigert laut Scharpf so ihren Ruf als attraktive und zukunftsorientierte Arbeitgeberin und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Sicherung von Fachkräften in Zeiten des Mangels.

Wenngleich BMW die Zeichen der Zeit erkennt und mit der Neuen Klasse auf E-Mobilität setzt, konzentriert sich der Talent Campus nicht nur auf Elektromobilität. Auch der Verbrennermotor bleibt ein Lerninhalt. Passend zur Strategie des Unternehmens, technologieoffen bleiben zu wollen. Kimmichs Wunsch an die Wirtschaftsministerin, sich für die Abkehr vom Verbrenner-Aus einzusetzen, wurde dementsprechend laut beklatscht. Reiche unterstützt das: "Wir müssen alles dafür tun, dass wir nicht auf eine Technologie setzen, sondern die komplette Innovationspalette, die unsere Automobilindustrie im Köcher hat, nutzen."

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