Streit um Fahrverbote in München: OB Dieter Reiter watscht Markus Söder ab

Spätestens seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht am vergangenen Dienstag steht fest: Auch in München drohen Fahrverbote. Dieser Realität verweigerte sich die Landesregierung bislang – und wird deshalb nun vom Oberbürgermeister abgewatscht.
von  Christoph Elzer
Oberbürgermeister Dieter Reiter greift die Landesregierung scharf an.
Oberbürgermeister Dieter Reiter greift die Landesregierung scharf an. © dpa

Spätestens seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts am vergangenen Dienstag steht fest: Auch in München drohen Fahrverbote. Dieser Realität verweigerte sich die Landesregierung bislang – und wird deshalb nun vom Oberbürgermeister abgewatscht.

München – In einem offenen Brief wendet sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) an die Staatsminister Dr. Markus Söder (CSU) und Dr. Marcel Huber (CSU). Söder ist als designierter Ministerpräsident künftig die oberste politische Instanz im Freistaat, Huber leitet die Bayerische Staatskanzlei und ist Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Sonderaufgaben.

Reiter greift nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts die beiden Landespolitiker in seinem Brief ungewöhnlich scharf an. Der Oberbürgermeister spricht davon, dass Söder und Huber wohl "offensichtlich einige Tatsachen noch etwas unklar sind" und will ihnen daher "einige Erläuterungen mitgeben", "in der Hoffnung, dass sie Ursachen und Abhilfemöglichkeiten künftig besser nachvollziehen können" und bei ihren "künftigen diesbezüglichen Äußerungen die notwendige Differenziertheit haben werden". "Ich denke, das sind wir der Bevölkerung schuldig, auch wenn im Herbst Landtagswahlen anstehen", schreibt Reiter am Ende seiner Einleitung.

Reiter: Dieselbusse machen nur 1 Prozent der NOx-Emissionen aus

OB Reiter stört sich offenbar massiv an Äußerungen, dass die städtische Dieselbus-Flotte bedeutend zur Luftverschmutzung in München beitrage und man daher bei der Landeshauptstadt "erst einmal die Hausaufgaben machen müsse". Dem stellt Reiter eine eigene Rechnung entgegen: "Die gesamte Busflotte der Stadt trägt 0,6 Prozent zum Gesamtverkehr bei und der Anteil am Dieselverkehr beträgt 1 Prozent. Oder anders gesprochen: Könnten wir bereits ab morgen alle Busse elektrisch betreiben (was in Anbetracht der Marktsituation real überhaupt nicht geht, aber unterstellt, es gäbe eine ausreichende Anzahl betriebssicherer E-Busse) dann würden sich die NOx-Emissionen in München leider nur um zirka 1 Prozent verringern." Zudem betont er, dass ein Diesel-Gelenkbus zwar im Betrieb soviel NOx wie ein Mittelklasse-Pkw verursacht, im Durchschnitt aber mit 20 Personen besetzt ist, ein Pkw hingegen mit durchschnittlich 1,3 Personen. 

Für Reiter stehen die Zeichen derzeit daher auf Fahrverbote: "Über zwei Drittel der gesamten NOx-Emissionen werden jedoch von privatem Diesel-Pkw-Verkehr verursacht", so der Oberbürgermeister. "Das bedeutet völlig unstrittig, dass in München die Grenzwerte in absehbarer Zeit überhaupt nur dann eingehalten werden können, wenn sich im Bereich der Diesel-Pkw signifikante Reduzierungen realisieren lassen."

Seitenhieb gegen Ex-Verkehrsminister Dobrindt

Eine mögliche Regelung stellt die sogenannte "Blaue Plakette". Die Plakette würden moderne Wagen mit der Abgasnorm Euro 6 bekommen. Sie wären damit von Fahrverboten in Innenstädten ausgenommen, während "dreckigere" Diesel draußen bleiben müssten. Die Einführung einer solchen bundesweiten Plakette ist jedoch noch in weiter Ferne. "Hier sind während der Amtszeit von Verkehrsminister Dobrindt leider wertvolle Jahre verloren gegangen", schreibt Reiter in einem weiteren Seitenhieb gegen die CSU.

Der Münchner Oberbürgermeister schließt mit den Worten, dass "jedenfalls mir persönlich die Gesundheit der Münchnerinnen und Münchner sehr am Herzen liegt" und er daher "von der Bayerischen Staatsregierung auch erwarte, dass sie die notwendigen Schlüsse aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zieht."

Lesen Sie hier: AZ-Kommentar "Dieselfahrverbote - Jetzt endlich Klarheit!"

 

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