Spitzenkandidaten-Wahl: Udes Krönung mit Kratzern

Die Bayern-SPD hebt Christian Ude feierlich aufs Schild – allerdings trübt der Streit um die Startbahn und mit den Grünen die Laune
Matthias Maus |
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Spitzenkandidat Christian Ude am Freitag im Münchner Literaturhaus nach der Landesvorstandssitzung.
Frank Leonhardt/dpa Spitzenkandidat Christian Ude am Freitag im Münchner Literaturhaus nach der Landesvorstandssitzung.

MÜNCHEN - Der Chef schwelgt: „Der glücklichste Vorsitzende, den die Bayern-SPD je gehabt hat“, sei er, nachdem er „die interessanteste Vorstandssitzung der letzten 50 Jahre“ geleitet hat. Der Grund für Florian Pronolds Glück und Freude sitzt neben ihm im Münchner Literaturhaus und strahlt. Christian Ude ist zum Spitzenkandidat der SPD für die nächste Landtagswahl nominiert worden. „Eine sehr bewegende Sitzung“ sei das gewesen, sagt Ude.

Und tatsächlich, auch er hat sich bewegt, er ist sogar zurückgerudert. Nur was er eigentlich will, das behielt er komplett für sich – fast. Einstimmig hoben die Spitzen der Sozialdemokraten, über Jahrzehnte vom Kummer der Opposition geplagt, ihren neuen Hoffnungsträger auf den Schild. Die Bestätigung durch einen Parteitag nächstes Jahr gilt als sicher: „Eine große Chance“ sieht Ude, der aus Altersgründen zwar nicht mehr Münchner OB werden darf, sehr wohl aber bayerischer Ministerpräsident. Und für die SPD wirkt der 63-Jährige wie ein Jungbrunnen. „Die Wechselstimmung muss nicht geschaffen werden“, sagt Ude, der seit 18 Jahren in München regiert: „Diese Stimmung ist da.“

Wegen ihm selbst, das muss Ude nicht sagen. Seit seiner im Sommer plötzlich verkündeten Bereitschaft gibt es Umfragen, die dem Überraschungskandidaten Chancen einräumen, die CSU als Regierungspartei abzulösen. „Egal, wie schlecht die CSU war“, sagt Julian Nida-Rümelin, einer der wichtigsten Ude-Vertrauten: „Die Leute haben uns nie zugetraut, dass wir regierungsfähig sind.“ Das, so der Politik-Professor, „hat sich geändert“. „Die Aufgabe wird sein, die Stimmung über zwei Jahre aufrecht zu halten“, meint Ude. „Ein zweijähriges Crescendo“ sei nötig, also eine zunehmende und lautere Dynamik, um die Stimmung in Stimmen umzuwandeln.

Dabei hatte der Kandidat unmittelbar vor seiner Nominierung selbst für Missstimmung gesorgt, vor allem bei den nötigen Partnern, aber auch im eigenen Laden. „Züge von Religionskriegen“ habe die Ablehnung verschiedener Verkehrsprojekte durch die Grünen. Gegen die, mit denen er in München die längstgediente rot-grüne Koalition der Republik führt, ritt Ude seinen ersten politischen Angriff als Wahlkämpfer – nicht jeder in der streitlustigen Sozialdemokratie in Bayern fand das so gut: „Ich habe ihm gesagt, dass geht so nicht“, erzählt Ewald Schurer. Der stellvertretende Parteichef ist auch Bundestagsabgeordneter für Erding und Freising, die Regionen, in denen die massivsten Kritiker der 3. Startbahn wohnen.

Für die Startbahn ist Ude, dabei bleibt er, „die Gabe des wöchentlichen Meinungswechsels ist mir nicht gegeben“. Aber die Form seiner Kritik, da zeigt er sich einsichtig, ist stilistisch verbesserungswürdig: „Ich halte dies Formulierung nicht länger aufrecht“, sagte Ude nach der Vorstandssitzung. Ein „Infrastrukturparteitag“ im März soll die Sachfrage lösen, sagt Parteichef Pronold. Und das „in einer guten Diskussionskultur“, ergänzt Schurer.

Aber: „Inhaltlich kann ich von meiner Ablehnung nicht runter.“ Ohne Partner geht es nicht, neben den Grünen muss Ude die Freien Wähler an sich binden, auch sie sind gegen die 3. Startbahn – und die FDP muss 2013 aus dem Landtag fliegen. Nur dann kann Ude siegen. Die SPD-Prominenz, die Bundestagsriege und die Landtagsfraktion war erschienen, will ihre Hochstimmung aber nicht trüben lassen.

Was Ude inhaltlich will, das sagte er nicht. „Keine Regierungserklärung“ wollte er abgeben, „Das macht man nach Koalitionsverhandlungen. Klar nur so viel: „Die erste Amtshandlung einer sozialdemokratisch geführten Landesregierung ist die Abschaffung der Studiengebühren.“ Allerdings rechnet er damit, dass die CSU „auch hier einknicken“ und die Gebühren selbst streichen werde. Bis dahin stehe der Dialog mit der Basis und die Präsenz in der Fläche im Vordergrund.

Von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger lasse er sich gerne auf dessen Hof „Ackerbau und Viehzucht“ näher bringen, sagt die selbsterklärte „Stadtpflanze“. „Mangelnde Verwurzelung im ländlichen Raum“ sei sicher eines seines Defizite. Wenngleich: „Als Münchner OB bin ich der größte Ökobauer Bayerns.“ Vor allem die Ochsenhaltung der städtischen Betriebe sei vorbildlich. Vielleicht macht das fit für die Ochsentour bis zur Wahl. Matthias Maus

 

 

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