Schmidt für Ude: Wahlkampf-Unterstützung im Volkstheater

Helmut Schmidt will Christian Ude im Wahlkampf helfen. Beim gemeinsamen Auftritt im Volkstheater zeigt Deutschlands beliebtester Ex-Kanzler viel Verständnis – für einstige Gegner  
Matthias Maus |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Hanseat Helmut Schmidt (SPD, l.) der Münchner OB Christian Ude unterhalten sich am Dienstag (28.08.12) im Volkstheater in München.
Lukas Barth, dapd Hanseat Helmut Schmidt (SPD, l.) der Münchner OB Christian Ude unterhalten sich am Dienstag (28.08.12) im Volkstheater in München.

Helmut Schmidt will Christian Ude im Wahlkampf helfen. Beim gemeinsamen Auftritt im Volkstheater zeigt Deutschlands beliebtester Ex-Kanzler viel Verständnis – für einstige Gegner

 

Es sei ja kein Heimspiel, sagt Christian Ude. Schließlich ist Helmut Schmidt Hanseat, und die täten sich bekanntlich schwer in Bayern. Da hat der Münchner OB recht. Allerdings hat auch der Gastgeber seine Anlaufschwierigkeiten, weshalb das politische Gipfeltreffen des Sommers nur zäh in Gang kommt.

Deutschlands beliebtester Altkanzler trifft Münchens beliebtesten OB. Seit Wochen sind die 550 Plätze im Münchner Volkstheater ausverkauft. Vermittelt wurde das Tête-a-tête von Helmut Schmidt (93) und Christian Ude (64) von Udes Vorgänger Hans-Jochen Vogel (86). Schmidts Bedingung war: Er wollte den Münchner Jungspund erst einmal näher kennenlernen. Ein „ausführliches Vorgespräch“ im Berliner Büro des Altkanzlers verlief offenbar zufriedenstellend. Es sei auch über „Schmidts Erfahrungen mit CSU-Politikern, wie Franz Josef Strauß gegangen“, sagte Ude. „Ein Kraftwerk ohne Sicherungen“ nennt Schmidt den alten Konkurrenten Strauß im Volkstheater. „Aber er war ein Kraftwerk“.

Das war Ude ein bisschen viel „Fairness“ gegenüber dem Säulenheiligen des politischen Gegner. Aber Schmidt mag sich nicht zum polemischen Wahlkämpfer machen lassen. Dabei kann der SPD-Spitzenkandidat die Wahlhilfe des weltläufigen Hanseaten gut gebrauchen. Schließlich scheint der angestrebte Machtwechsel in Bayern aktuell nicht wahrscheinlich. Die CSU berappelt sich in den Umfragen und kämpft mit populistischen Sprüchen auf Kosten von Euro und Europa um die Macht. Und zu allem Überfluss stoßen die Freien Wähler ins selbe Horn.

Ude bräuchte die Provinz-Truppe von Hubert Aiwanger. Wie ist das mit dem Euro? Ob es denn Fehler gegeben habe bei der Währungs-Einführung, will Fragesteller Ude wissen. Er weiß, dass das Thema bedeutsam werden kann auch in seinem Wahlkampf. „Stabiler als die Mark,“ sei der Euro noch heute, sagt Schmidt. Aber „richtig ist, dass in Maastricht keine politischen Spielregeln aufgestellt wurden.“ Das sei ein Fehler. Ebenso wie der Verletzung der Maastricht-Kriterien, „zuerst von Deutschland und Frankreich“.

Muss er dass auch noch erwähnen? Immerhin: „Es macht aber keinen Sinn, über Fehler ehemaliger Regierungen“ zu reden, sagt Schmidt, Jetzt müsse die Krise gelöst werden, die Bankenkrise, die Staatsschuldenkrise. Es sei fraglich, ob die Politiker Europas „dazu die Kraft aufbringen“. Es gebe in Europa „keine Führer mehr“ sagt Schmidt in ein leicht stöhnendes Publikum hinein: „Ein de Gaulle ist uns nicht geschenkt“ und ein Churchill auch nicht: „Ich beneide Frau Merkel nicht.“

Sehr altersmilde ist der Altbundeskanzler vor allem gegenüber den politischen Gegnern. Und auch beim Thema Menschenrechten in China und Russland zeigt sich Schmidt verständnisvoll für Putin und Peking: „Wir mischen uns überall ein“, tadelt Schmidt: „Wir Deutschen sollten ein wenig bescheidener sein.“ Es ist eine der Gelegenheiten, bei denen es ein artig Beifall gibt im Theater, ausgerechnet hier, und auch Ude lächelt verständnisvoll.

Das Verhältnis der beiden war nicht immer so innig. Als Juso rieb sich Ude, wie so viele in der SPD, an Schmidts Position zur Atomkraft und, später in den achtziger Jahren, an Schmidts Position zum Nato-Doppelbeschluss. Jetzt die Abbitte: „Aber ich habe den schrecklichen Verdacht, dass Sie damals Recht gehabt haben“, sagt der OB. Der Altkanzler nimmt es huldvoll zur Kenntnis.

In der kleinen Geschichtsstunde des großen Gastes erfährt das interessierte Publikum, dass es Gorbatschow der Beharrlichkeit von Helmut Schmidt zuschreibt, Abrüstung im Politbüro durchzusetzen. Alles schön und gut, aber richtige Zünder waren das nicht für die Stimmung im Saal. Nach anderthalb Stunden sind sie doch all etwas müde, aber zufrieden. Die SPD-Prominenz von Markus Rinderspacher bis Florian Pronold. Hans Jochen Vogel sagt: „Es hat schon seinen Grund, warum Schmidt der beliebteste Ex-Kanzlern ist.“ Und Hildegard Hamm-Brücher, (91) bewundert „die Schlagfertigkeit Schmidts: „Wir bräuchten mehr von der Sorte.“ sagt die liberale Grande Dame.

 

 

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.