Protest gegen Nazi-Aufmarsch - Gerangel mit Polizei

MÜNCHEN - München zeigt sein buntes Gesicht: Rund 4000 Gegendemonstranten protestierten am Samstag gegen den Aufmarsch von 120 Neonazis. Weitgehend blieben die Menschen gewaltfrei – mit Ausnahmen.
Flaschen, Böller, Pfefferspray: In der Münchener Innenstadt ist es am Samstag zu einzelnen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen, als mehrere tausend Menschen gegen einen Neonazi-Aufmarsch protestierten. Insgesamt zog Polizeivizepräsident Robert Kopp am Sonntag jedoch ein positives Fazit. „Großes Lob gilt all jenen, die ihren Protest friedlich zum Ausdruck brachten“, sagte er laut Mitteilung. „Dennoch mussten vereinzelt Personen aus dem autonomen Spektrum davon abgehalten werden, die unmittelbare Konfrontation mit dem politischen Gegner auszutragen.“ 26 Menschen wurden festgenommen, zwölf weitere festgehalten, weil sie gegen das Versammlungsgesetz verstoßen hatten.
Der Protest hatte am Mittag mit einer Kundgebung unter dem Motto „München ist bunt“ begonnen. Neben einer Gegendemonstration gab es an verschiedenen Orten der Stadt Protestkundgebungen. Die Polizei sprach von etwa 4000 Teilnehmern. Demgegenüber standen nach Polizeiangaben 120 Neonazis. „München ist und bleibt bunt. Es wird den Neonazis nicht gelingen, dieses Bild zu beschädigen“, sagte Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) auf einer der Kundgebungen. Er kritisierte die Entscheidung des Bayerischen Oberlandesgerichts, den Aufmarsch der „Freien Nationalisten München“ zum sogenannten „Heldengedenktag“ zu erlauben, warnte aber die Demonstranten davor, die Polizei anzugreifen. Die rund 1800 Beamten müssten schließlich dem richterlichen Beschluss folgen.
Zur Kundgebung der Gegendemonstranten waren neben Vertretern der Kirchen und von Vereinen auch Politiker von CSU, SPD und der Grünen gekommen, darunter auch Münchens Altoberbürgermeister Hans-Jochen Vogel (SPD). „Das "Nie Wieder" als Grundkonsens der deutschen Demokratie zeigt auch heute wieder sein buntes Gesicht“, sagte Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU), der ebenfalls zur Start- Kundgebung kam. „Ich rufe auf, sich heute den Neonazis gemeinsam und gewaltfrei entgegen zu stellen“, forderte der KZ-Überlebende Martin Löwenberg. Die meisten Menschen folgten diesem Aufruf.
„Mein Dank gilt den Bürgern, die der Polizei großes Verständnis entgegengebracht haben“, sagte Kopp daher am Sonntag. Denn die meisten Teilnehmer hätten ihrem Unmut friedlich mit bunten Transparenten und Plakaten Luft gemacht, mit Pfiffen und Papierfliegern. Vereinzelt hätten Personen oder kleine Gruppen entlang der Strecke allerdings mehrmals versucht, die Absperrungen zu durchbrechen. Die Polizisten trugen nach eigenen Angaben Helme, um sich gegen Böller und Glasflaschen zu schützen. „Aufgrund von Angriffen auf Polizeibeamte kam es zum Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock“, heißt es in der Mitteilung. Drei Beamte seien leicht verletzt worden, darunter eine Polizistin durch eine geworfene Glasflasche.
Die Gegendemonstranten versuchten immer wieder, den Neonazi- Aufmarsch – der entlang der Isar bis zur Bayerischen Staatskanzlei führte – zu blockieren, scheiterten aber an Absperrungen der Polizei. Auch der letzte Versuch von mehreren hundert Menschen, den Zug mit einer Sitzblockade kurz vor dem Ziel der Nazis zu stoppen, scheiterte: Um ein Zusammentreffen zu verhindern, leitete die Polizei die Neonazis kurzfristig um und sperrte die Demonstranten von der Kundgebung ab. Mit Pfiffen, „Nazis Raus“-Rufen und Gesängen versuchten diese, die Abschlusskundgebung zu stören.
dpa