Olympia 2022: Fragen und Antworten zum Bürgerentscheid

Am Sonntag entscheiden die Bürger in München, ob sich die Stadt um die Olympischen Winterspiele 2022 bewirbt. Was die Spiele kosten sollen, welche Sportarten München bekommt – und wer zahlt.
von  Willi Bock
Der kleine Münchner Olympiaberg taugt auch als Rennpiste: Hier beim Weltcup-Parallelslalom im Januar 2011.
Der kleine Münchner Olympiaberg taugt auch als Rennpiste: Hier beim Weltcup-Parallelslalom im Januar 2011. © Joerg Koch (ddp)

München - Zum zweiten Mal nach 2011 bewirbt sich München um Olympische Winterspiele. Im Gegensatz zur ersten Bewerbung für die Winterspiele 2018 sind diesmal neben München und Garmisch-Partenkirchen auch die Landkreise Traunstein und Berchtesgadener Land dabei. Dieses Mal dürfen die Bürger in allen betroffenen Kommunen mit bestimmen, ob sie die Spiele wollen oder nicht – bei den Bürgerentscheiden am Sonntag, 10. November.

In einer Serie geht die AZ den Fragen rund um die Spiele nach, lässt Gegner und Befürworter zu Wort kommen. In diesem Teil geht es um die Rahmenbedingungen.

Sind die vier Bürgerentscheide für die Politik bindend?
Ja! Ein Bürgerentscheid ersetzt einen Stadtratsbeschluss und ist ein Jahr lang gültig. Zudem gilt das Prinzip 4:0. Alle vier Kommunen müssen mit Ja stimmen. Ist nur eine dagegen, wird es keine Bewerbung geben. Die Gegner müssen also nur einmal gewinnen.

Wer steht auf welcher Seite?
Bei den Gegnern sind es in München vor allem Grüne und Umweltverbände wie der Bund Naturschutz. Zu den Befürwortern gehören in München neben SPD, CSU, FDP und Freien Wählern die Wirtschaft und die Kammern. Etliche Firmen warten den Bürgerentscheid ab – um nicht zu Verlierern zu gehören. Es outen sich: ADAC, Audi, FC Bayern, Infineon, Siemens-Chef Joe Kaeser, Bayerische Hausbau, Augustiner, SAP, Deloitte, City Partner.

Was kosten die Spiele?
Nach heutiger Schätzung rund 3,3 Milliarden Euro. Das sind 200 Millionen Euro mehr, als für die Spiele 2018 berechnet waren. Dazu kommen 29 Millionen Euro für die Bewerbung – um überhaupt den Zuschlag zu bekommen. Davon sollen rund 20 Millionen Euro bereits zugesagt sein. Die Bewerbung um die Spiele für 2018 kostete vier Millionen Euro mehr – genauso viel mussten die Stadt München und ihre Partner 2011 selbst bezahlen.

Was steckt in den Kosten?
Da wird zwischen einem OCOG-Budget und einem Non-OCOG-Budet unterschieden. OCOG-Budget über 1,5 Milliarden Euro: Das ist das Veranstaltungsbudget. Dazu gehören die Einnahmen (Fernsehrechte, Tickets, Sponsoren oder Lizenzen) und die Ausgaben des Organisationskomitees für die Durchführung der Olympischen Spiele (Ausstattung, Personal, Verwaltung, temporäre Bauten, Technik, Transport, Zeremonien, Kulturprogramme, Vermarktung).

Lesen Sie hier: So funktioniert der Bürgerentscheid

Non-OCOG-Budget über 1,8 Milliarden Euro: Das sind die Ausgaben der Kommunen, des Freistaats, des Bundes und der privaten Investoren. Das sind die Kosten für dauerhaft genutzte Infrastruktur (Olympisches Dorf, Sportstätten, Verkehrsinfrastruktur) und öffentliche Dienstleistungen (wie Transport, Sicherheit, Medizin oder Umwelt). Davon sind 1,1 Milliarden Euro „bereits geplante“ Investitionen von Privaten oder der öffentlichen Hand, die auch ohne die Spiele anfallen – etwa Straßen oder ein Bahnausbau. Zu den 670 Millionen Euro „direkte Olympiakosten“ gehören die Olympischen Dörfer (1310 Wohnungen in München).

Wer zahlt das?
Nach den offiziellen Kalkulationen werden die reinen Olympiakosten durch Einnahmen eingespielt. Die Gegner bezweifeln das. Das IOC verlangte für die Bewerbung 2018 München eine Haftungsgarantie der Stadt München und dass sie als Hauptveranstalter ein mögliches Defizit auf der IOC-Seite ausgleicht. Über Nebenverträge mit München haften die anderen Partner mit.

Wer bekommt den Gewinn?
Der wird aufgeteilt. Zuvor muss das Organisationskomitee alle Steuern abrechnen und bezahlen. 20 Prozent des Überschusses bekommt das Internationale Olympische Komitee (IOC), 20 Prozent das Nationale Olympische Komitee und 60 Prozent das Organisationskomitee vor Ort.

Welche Regeln gelten für die Organisation und den Ablauf der Spiele?
Die regelt ein Host-City-Vertrag des IOC mit den Gastgebern. Darin werden alle Verpflichtungen und Haftungen allein auf den Veranstalter (München) abgewälzt. Nicht nur die Gegner nennen ihn einen „Knebelvertrag“, OB Ude sprach beim Host-City-Vertrag für die Spiele 2018 sogar von einer „Zumutung“. In der öffentlichen Stadtratsvorlage vom Oktober 2010 heißt es: „Gemessen am deutschen Rechtssystem sind Verpflichtungen in dem vom IOC gewünschten Umfang eigentlich nicht möglich. Eine rechtliche Prüfung und Bewertung, wie sie sonst bei Verträgen üblich ist, ist bei den vom IOC geforderten Unterlagen auch nicht zielführend, da die Auslegung des Vertrags nach Schweizer Recht erfolgt, und wesentliche Elemente wie z.B. der Gastgebervertrag sowie die Anerkennung der Olympischen Charta (...) nicht verhandelbar sind. Hinzu kommt, dass die Bewerbungsdokumente (...) jederzeit einseitig vom IOC abgeändert werden können.“

Bei der Bewerbung sei aber „zu berücksichtigen, dass es sich um eine weltweite Ausschreibung mit einheitlichen Vorgaben handelt“. Steht das Team für eine neue Bewerbungsgesellschaft schon? Offiziell nicht, da erst der Bürgerentscheid abgewartet wird. Im Hintergrund wird mit potenziellen Chefs und Mitarbeitern bereits gesprochen.

Was ist wo?
Im Wesentlichen wird das Konzept für 2018 übernommen, dennoch gibt es deutliche Änderungen: München bekommt mehr Spiele, Garmisch-Partenkirchen wird verkleinert. Dieses „optimierte Konzept“ verlegt Biathlon- und Langlauf nach Ruhpolding (statt ins Gestüt Schwaiganger bei Murnau. Ruhpolding war für 2018 trotz massiver Proteste ausgeschlossen worden: zu weit weg), die Freestyle-Wettkämpfe sollen im Olympiapark sein (statt in Garmisch). Dadurch wird für die Zone Königssee/Ruhpolding in Inzell ein drittes Olympisches Dorf und ein drittes Medienzentrum notwendig.

Das Konzept mit jetzt drei statt zwei Zentren (Cluster): In München Eishockey im Eissportzentrum und am Platz der Event Arena, Eiskunstlauf und Shorttrack in der Olympiahalle, Curling in der Olympia-Schwimmhalle und Eisschnelllauf in einer temporären Halle auf dem TU-Gelände. Die Freestyle-Wettbewerbe am Olympiaberg. Eröffnungs- und Schlussfeier im Olympiastadion. In Garmisch-Partenkirchen sind die alpinen Skiwettbewerbe, Skispringen und Nordische Kombination. In Ruhpolding sind Biathlon und Langlauf vorgesehen und in Schönau am Königssee Bob, Rennrodeln, Skeleton.

Wie geht es weiter?
Am Sonntag finden die vier Bürgerentscheide statt. Nur wenn alle vier Kommunen mehrheitlich mit Ja stimmen, wird bis zum 14. November (Donnerstag) die offizielle Bewerbung beim IOC abgegeben. Das ist der letztmögliche Abgabetag. Wird das Quorum in München nicht erreicht (es müssen zehn Prozent der Wahlberechtigten für den Sieger stimmen), ist am 13. November eine Sondersitzung des Stadtrats.

Bis zum 14. März 2014 muss das Grundkonzept als „Mini-Bidbook“ abgegeben werden. Danach entscheidet das IOC, welche Städte überhaupt in die engere Wahl kommen. Am 31. Juli 2015 wird die IOC-Vollversammlung in Kuala Lumpur die Winterspiele 2022 vergeben.

Wer sind bisher die Konkurrenten?
Oslo (es gibt einen positiven Bürgerentscheid), Östersund (Schweden), Almaty (Kasachstan), Krakau (Polen), Ukraine. Barcelona (Spanien) hat abgesagt –kein Geld.

Infos:
Im Internet oja-22.de. und die Gegner unter Nolympia.de. Zur Briefwahl: wahlamt-muenchen.de. Allgemein: muenchen.de/rathaus/Stadtinfos/Olympia2022.html

<strong>Fragen, Antworten, Pro und Contra sowie alle Hintergründe zum Bürgerentscheid finden Sie auf unserer Themenseite

 

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